Tag & Nacht




Was wie ein surrealer Albtraum klingt, ist für Brigitte Macron bittere Realität. Die Ehefrau des französischen Präsidenten Emmanuel Macron sieht sich gezwungen, vor einem amerikanischen Gericht nachzuweisen, dass sie biologisch eine Frau ist. Der Grund: Eine US-Influencerin hat öffentlich das Gegenteil behauptet – und damit eine absurde Verschwörungstheorie in die Welt getragen, die längst von der Realität widerlegt ist.

Doch der Fall ist ernst. Und er wirft große Fragen auf – nicht nur über die Mechanismen von Rufmord und Fake News, sondern auch über die Grenzen der Meinungsfreiheit im digitalen Zeitalter.

Die Lüge, die viral ging

Im Zentrum steht Candace Owens, eine bekannte konservative Kommentatorin in den USA. Sie verbreitete in mehreren Beiträgen die absurde Behauptung, Brigitte Macron sei in Wahrheit ein Mann – namentlich Jean-Michel Trogneux, der Bruder der Ersten Dame.

Diese Behauptung ist nicht neu. Bereits 2021 kursierte sie in obskuren Telegram-Kanälen, doch diesmal bekam sie durch Owens eine globale Bühne. Millionen sahen die Videos, teilten sie, kommentierten sie – und viele nahmen sie für bare Münze.

Der juristische Gegenschlag

Emmanuel und Brigitte Macron wollen das nicht auf sich sitzen lassen. Sie reichten Klage im US-Bundesstaat Delaware ein – dort, wo Owens geschäftlich registriert ist. Die Vorwürfe: üble Nachrede, Rufschädigung und gezielte Falschinformation.

Und das Besondere: Die Macrons wollen nicht nur juristisch argumentieren, sondern auch mit Fakten glänzen.

Ihr Anwalt kündigte an, dass sie „wissenschaftliche Beweise“ vorlegen werden. Dazu zählen unter anderem medizinische Gutachten, persönliche Dokumente und Fotos, die Brigitte Macron in jungen Jahren und als Mutter zeigen – etwa während ihrer Schwangerschaft oder beim Aufwachsen ihrer Kinder.

Man wolle, so heißt es, sowohl „allgemein als auch im Detail“ belegen, dass die Gerüchte falsch und diffamierend sind.

Ein Schritt, der überrascht – und berührt

Dass ein Präsidentenpaar bereit ist, derart intime Einblicke in sein Privatleben zu gewähren, zeigt, wie ernst die Lage ist. Es geht nicht mehr nur um verletzte Gefühle oder persönliche Ehre. Es geht um Würde. Um Wahrheit. Und um ein öffentliches Zeichen gegen digitale Hetze.

Denn eines ist klar: Die Strategie, jemanden durch gezielte Gerüchte zu entmenschlichen, ist so alt wie das Internet selbst. Doch selten trifft sie jemanden mit solcher Wucht und solcher Absurdität.

Freiheit vs. Verantwortung

Natürlich stellt sich die Frage: Ist das nicht einfach freie Meinungsäußerung? Dürfen auch falsche oder provokante Aussagen im Netz verbreitet werden?

In den USA ist die Meinungsfreiheit ein hohes Gut – selbst für Lügen gibt es dort rechtliche Schlupflöcher. Doch bei öffentlicher Verleumdung berühmter Persönlichkeiten greift ein höherer Standard: Die Kläger müssen nachweisen, dass die Aussagen nicht nur falsch, sondern auch mit „böser Absicht“ verbreitet wurden – also wissentlich oder grob fahrlässig.

Die Macrons setzen genau dort an. Ihr Ziel: Owens soll nicht nur juristisch zur Rechenschaft gezogen werden – sie soll öffentlich Verantwortung übernehmen.

Mehr als nur ein Promi-Drama

Wer jetzt denkt: „Ach, ein Promi-Streit unter vielen“, der irrt gewaltig. Dieser Fall steht sinnbildlich für eine tiefere gesellschaftliche Krise: Die Verwischung von Wahrheit und Meinung, die gezielte Instrumentalisierung von Desinformation, der rücksichtslose Umgang mit der Privatsphäre anderer.

Wenn selbst die Ehefrau eines Staatsoberhaupts sich öffentlich entblößen muss, um gegen groteske Lügen anzukämpfen – was bleibt dann für alle anderen?

Eine rhetorische Frage, die hängen bleibt

Wie viel Menschlichkeit muss man opfern, um seine Identität vor Gericht beweisen zu können?

Die Antwort bleibt schmerzhaft offen.

Und doch steht eines fest: Brigitte Macron ist nicht nur die Ehefrau eines Präsidenten. Sie ist nun auch eine Symbolfigur für jene, die sich nicht länger von der digitalen Gosse diffamieren lassen wollen.

Autor: Andreas M. Brucker

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