Tag & Nacht




Donald Trump liebt die große Bühne – und er liebt es, als Friedensstifter gefeiert zu werden. Am 30. September ließ er vor einer Kulisse aus Generälen und Admirälen im US-Militärstützpunkt Quantico erneut keinen Zweifel daran: Der Friedensnobelpreis gehöre eigentlich ihm. Alles andere, so Trump, wäre „eine große Beleidigung für die Vereinigten Staaten“.

Ein Satz, der sitzt. Doch wie realistisch ist es wirklich, dass der umstrittene US-Präsident ausgezeichnet wird?


Trumps eigene Rechnung

Trump ist bekannt dafür, seine politische Bilanz in besonders schillernden Farben darzustellen. Vor den hochrangigen Militärs erklärte er, er habe bereits sieben Kriege beendet – teils durch direkte Initiativen, teils durch bloßes Nichtstun. Nun wolle er mit seinem Plan für Gaza sogar noch mehr Konflikte befrieden. „Wenn das klappt, dann sind es acht oder mehr“, prahlte er. „Ich zähle mir dafür zwei oder drei zusätzliche an.“

Die Botschaft: Kein anderer habe so viel für den Frieden getan wie er. Ein Nobelpreis sei daher nur logisch – und alles andere schlicht „eine Beleidigung gegenüber Amerika“.


Die Realität der Jury

Die Experten in Oslo sehen das allerdings völlig anders. Für Historiker wie Oeivind Stenersen, der sich seit Jahren mit dem Nobelpreis beschäftigt, ist diese Vorstellung „vollkommen undenkbar“. Der Grund liegt nicht in Trumps Rhetorik, sondern in seiner Politik.

Der Friedensnobelpreis steht für internationale Zusammenarbeit, für Versöhnung und für den Ausbau von Organisationen wie den Vereinten Nationen. Doch gerade die UNO hat Trump scharf attackiert, zuletzt in seiner Rede vor der Generalversammlung in New York. Wer multilaterale Strukturen schwächt, gilt kaum als Favorit für die höchste Auszeichnung im Bereich des Friedens.


Nominierungen aus aller Welt

Und dennoch: Offiziell im Rennen ist Donald Trump. Denn das Recht, Kandidaten vorzuschlagen, ist großzügig geregelt. Parlamentarier, Regierungsmitglieder, ausgewählte Professoren und frühere Preisträger – tausende Menschen dürfen Namen einreichen. Und manche Regierungen machen daraus kein Geheimnis.

So haben etwa Kambodscha, Pakistan und Israel öffentlich angekündigt, Trump ins Rennen geschickt zu haben. Für ihn selbst sind diese Gesten von unschätzbarem Wert, sie bestätigen sein Bedürfnis nach Anerkennung. Dass am Ende der Preis von Oslo nach Washington wandert, ist jedoch mehr als fraglich.


Zwischen Anspruch und Wirklichkeit

Trumps Auftritte erinnern oft an eine Art Parallelwelt. Während Beobachter ihm bestenfalls minimale Beiträge zur Entspannung einzelner Konflikte zugestehen, rechnet er sich gleich mehrere Friedensschlüsse an. Die Diskrepanz könnte kaum größer sein.

Und doch steckt darin ein politisches Kalkül. Trump weiß, dass er mit solchen Aussagen die öffentliche Aufmerksamkeit auf sich zieht. Die Nobelpreis-Debatte ist nicht neu für ihn – schon während seiner ersten Präsidentschaft spielte er mit der Vorstellung, dass er den Preis verdient hätte.


Der große Tag rückt näher

Am 10. Oktober wird das Nobelkomitee in Oslo den Preisträger bekanntgeben. Dass der Name Donald Trump fällt, gilt als ausgeschlossen. Doch eines ist sicher: Der US-Präsident wird das Ergebnis, so es nicht zu seinen Gunsten ausfällt, als Beleidigung werten – nicht nur für ihn persönlich, sondern für die Vereinigten Staaten.

Eine Frage bleibt dabei: Braucht man wirklich einen Nobelpreis, um Frieden glaubwürdig zu verkörpern? Oder ist das Streben nach dieser Trophäe am Ende nur ein Spiegelbild des eigenen Egos?

Autor: C.H.

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