Tag & Nacht


Es war kein technischer Defekt, kein unglücklicher Zufall – sondern ein gezielter Sabotageakt. Seit dem frühen Montagmorgen, dem 27. Oktober, steht der Zugverkehr im Südosten Frankreichs teilweise still. Der Grund: Ein Feuer, das Signalkabel zerstört hat, sorgt für massive Störungen auf einer der meistbefahrenen Bahnstrecken des Landes – zwischen Lyon und Avignon.

Die Folge: Dutzende TGVs gestrichen, kilometerlange Umleitungen, stundenlange Verspätungen.

Und ein Land, das sich einmal mehr fragt: Wie sicher ist unsere kritische Infrastruktur?

„Ein Akt des Vandalismus“

So bezeichnet es die SNCF – die französische Staatsbahn – auf ihrer Website. Mit einem präzisen Wort, das viel Raum für Interpretation lässt. Doch die Worte des französischen Verkehrsministers Philippe Tabarot sind deutlicher: „Die Autoren dieser Sabotage müssen identifiziert und streng bestraft werden.“

Tabarot äußerte sich über die Plattform X (vormals Twitter) und zeigte damit, dass die Regierung das Ereignis nicht als einfachen Vorfall betrachtet, sondern als Angriff – auf die Sicherheit, die Zuverlässigkeit und das Vertrauen in das öffentliche Verkehrssystem.

Noch arbeiten die SNCF-Teams daran, das ganze Ausmaß des Schadens zu erfassen. Das Feuer, das in der Nacht zum Montag auf einer zentralen Kabeltrasse ausbrach, hat die Signaltechnik so stark beschädigt, dass der Hochgeschwindigkeitsverkehr auf einer alternativen Strecke über das konventionelle Bahnnetz umgeleitet werden muss.

Und das hat seinen Preis.

Ein Verkehrsinfarkt auf Schienen

Die Verbindung zwischen Paris und Marseille – normalerweise eine der schnellsten und zuverlässigsten Achsen im TGV-Netz – ist massiv betroffen. Auch Züge nach Montpellier und Nizza fallen reihenweise aus.

„Mehrere Dutzend TGVs sind betroffen“, so der Verkehrsminister. Exakte Zahlen? Fehlanzeige. Klar ist nur: Wer am Montag mit dem Zug reisen wollte, brauchte Geduld – oder Glück.

Immerhin: Die Strecke Paris–Lyon bleibt verschont. Doch das ist nur ein schwacher Trost für Tausende Reisende, deren Pläne im wahrsten Sinne des Wortes entgleist sind.

Und als wäre das nicht genug …

… kam es auch noch im Südwesten Frankreichs zu einem Vorfall, der das Bahnchaos komplett machte.

Ein Intercités-Zug blieb am Sonntagabend zwischen Bordeaux und Agen liegen – ganze fünf Stunden lang. Die Passagiere wurden erst spät in der Nacht in einen Ersatzzug umgeladen. Zehn weitere Züge wurden in der Folge gestrichen.

Und auf der Strecke Toulouse–Paris mussten Reisende einen Zeitsprung der unschöneren Sorte hinnehmen: Sie erreichten die Pariser Gare Montparnasse mit neun Stunden Verspätung – am Montagmorgen.

Neun Stunden. Das ist mehr als ein Langstreckenflug. Nur ohne Verpflegung, ohne Unterhaltung, ohne Alternative.

Ein fragiles System unter Druck

Sabotageakte gegen die Bahn sind kein neues Phänomen. Doch dieser Vorfall wirft erneut ein Schlaglicht auf die Verwundbarkeit zentraler Verkehrsknotenpunkte – und auf die Notwendigkeit, präventiv zu handeln.

Denn auch wenn die SNCF professionell reagiert, ihre Notfallpläne aktiviert und an einer Rückkehr zur Normalität „bis Dienstagmorgen“ arbeitet – das Grundproblem bleibt bestehen: Signaltechnik, die im Boden verläuft, ist angreifbar. Und Züge, die auf diese Technik angewiesen sind, stehen im Fall der Fälle still.

Man könnte fragen: Wie lange noch?

Zwischen Wut und Warten

Die Stimmung bei den Betroffenen schwankt zwischen Frust, Ratlosigkeit und – ja, auch Wut. Besonders für Pendler:innen, die auf die Bahn angewiesen sind, ist ein solches Chaos keine Ausnahme mehr, sondern traurige Realität.

Natürlich bemüht sich die SNCF um Schadensbegrenzung. Doch viele Reisende fühlen sich mit Standardansagen und Pauschalerstattungen abgespeist.

Ein Schüler, der seine Prüfung verpasst. Eine Familie, deren Anschlussflug nicht mehr wartet. Ein Techniker, der für einen wichtigen Kundentermin nicht rechtzeitig ankommt – jede dieser Geschichten zeigt, dass hinter jeder Zugnummer Menschen stehen.

Und die Frage bleibt: Wer war’s?

Noch ist unklar, wer hinter dem Brand steckt – oder mit welcher Motivation er gelegt wurde. War es ein gezielter Angriff auf die Infrastruktur? Eine politisch motivierte Aktion? Oder ein Einzeltäter ohne ideologischen Hintergrund?

Die Behörden ermitteln. Doch die Erwartung ist klar: Aufklärung. Und Konsequenzen.

Denn das Vertrauen in die Bahn steht auf dem Spiel – nicht nur auf den Gleisen zwischen Lyon und Avignon.

Autor: Daniel Ivers

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