Es klingt wie ein radikaler Befreiungsschlag: Frankreich will einer ganzen Generation das Rauchen verbieten. Kein Zigarettenkauf mehr – nicht mit 16, nicht mit 18, nicht mal mit 40. Wer nach dem 1. Januar 2014 geboren ist, soll nie in seinem Leben legal Tabak erwerben dürfen.
Nie. Punkt.
Ein Gesundheitsutopie, sagen die einen. Ein autoritärer Albtraum, sagen die anderen. Doch hinter dieser scheinbar glasklaren Maßnahme verbirgt sich ein moralisch wie juristisch hoch aufgeladenes Minenfeld. Denn wenn ein demokratischer Staat beginnt, die Freiheit seiner Bürger präventiv zu beschneiden – mit welchem Recht, mit welchem Ziel, und vor allem: mit welchen Folgen?
Eine Gesundheitsdiktatur im Namen des Guten?
Die gute Absicht ist unbestreitbar. Tabak tötet – jährlich rund 75.000 Menschen allein in Frankreich. Herzinfarkt, Krebs – die Liste der Schreckensdiagnosen ist so lang wie bekannt. Und doch greifen noch immer Millionen täglich zur Zigarette. Also Schluss damit, denkt sich die Politik. Prävention war gestern, jetzt wird verboten.
Aber halt – sind wir wirklich bereit, einer gesamten Bevölkerungsgruppe auf Lebenszeit ein legales Konsumgut zu verwehren, nur weil es ungesund ist? Wie frei ist ein Erwachsener noch, wenn sein Geburtsdatum bestimmt, was er darf – und was nicht?
Die Vorstellung, dass ein 30-Jähriger im Jahr 2045 keine Zigaretten kaufen darf, sein fast gleichaltriger Kollege aber schon, weil er acht Monate früher geboren wurde, wirkt grotesk. Und sie kratzt tief am demokratischen Fundament: der Gleichbehandlung aller Bürger vor dem Gesetz.
Zwischen Schutzinstinkt und Paternalismus
Natürlich trägt der Staat Verantwortung für die Gesundheit seiner Bürger. Er reguliert Verkehr, Lebensmittel, Medikamente – aus gutem Grund. Aber wann kippt dieser Schutzinstinkt in bevormundenden Paternalismus? Wo endet das Recht auf Schutz – und wo beginnt die Pflicht zur Eigenverantwortung?
Die geplante Regelung greift nicht nur in individuelle Freiheiten ein. Sie schafft eine Art Gesundheitskastensystem, das auf dem Zufall der Geburt basiert. Wer jung ist, wird nicht aufgeklärt – sondern ausgesperrt. Und das dauerhaft. So sinnvoll der gesundheitliche Zweck sein mag, das Mittel ist brachial. Und es stellt eine gefährliche Weichenstellung dar: Wenn der Staat einmal damit beginnt, Gewohnheiten zu verbieten, wo zieht er die Grenze?
Warum dann nicht auch Zucker verbieten? Alkohol für Geburtsjahrgänge ab 2025? Oder Fleisch ab 2030? Die Logik lässt sich beliebig weiterdenken. Und genau darin liegt das Problem.
Der gefährliche Reiz des Verbotenen
Hinzu kommt ein psychologischer Effekt, den die Politik gerne unterschätzt: Was verboten ist, wird für viele erst recht attraktiv. Die Zigarette wird zum Symbol des Widerstands, zum rebellischen Akt gegen eine übergriffige Staatsmacht. Und wer sie nicht legal bekommt, wird sich andere Wege suchen. Der Schwarzmarkt reibt sich jetzt schon die Hände.
Wer verhindern will, dass junge Menschen zur Zigarette greifen, muss sie überzeugen – nicht ausschließen. Aufklärung, Prävention, Unterstützung beim Aufhören, gesellschaftliche Vorbilder: Das sind die Waffen gegen das Rauchen, nicht Geburtsstichtage.
Generation unter Generalverdacht
Und noch etwas: Die Maßnahme stigmatisiert. Sie schafft eine Generation von „zu Schützenden“, von „Unmündigen“, denen man offenbar nicht zutraut, selbst kluge Entscheidungen zu treffen. Was für ein Misstrauensvotum gegenüber den Bürgern von morgen!
Der gesunde Mensch als Produkt staatlicher Kontrolle – ist das die Zukunft? Oder träumen wir hier von einer Gesellschaft, in der Freiheit und Verantwortung gleichberechtigt nebeneinanderstehen?
Ein ehrlicher Blick nach vorn
Der Gedanke, Tabak langfristig aus der Gesellschaft zu verbannen, ist mutig – vielleicht sogar notwendig. Aber nicht um den Preis der Freiheit.
Ein Staat darf eingreifen. Er darf warnen, schützen, Grenzen setzen. Aber er darf nicht bevormunden, ausgrenzen oder ganze Generationen zu Objekten staatlicher Gesundheitsplanung degradieren. Wer mündige Bürger will, muss ihnen zutrauen, mündig zu handeln – auch wenn das Risiken einschließt.
Denn Gesundheit ist kein staatlich verordnetes Ideal. Sie ist ein Gut, das jeder für sich selbst verantwortet. Mit allen Konsequenzen.
Oder trauen wir der nächsten Generation etwa weniger zu als der heutigen?
Ein Kommentar von C. Hatty
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