Ein politischer Paukenschlag aus Washington hat die Deutsche Telekom mit voller Wucht getroffen – oder besser gesagt: ihre US-Tochter T-Mobile. In einem wirtschaftlich brisanten Balanceakt hat sich der Konzern dazu entschieden, auf Druck der US-Regierung hin seine Diversitätsbemühungen zurückzufahren. Für viele in Deutschland ist das nichts weniger als ein Kniefall vor Donald Trump.
Und der hat wieder einmal gezeigt, dass er nicht nur auf politische Gegner Druck ausübt – sondern auch auf Unternehmen.
Trumps Kreuzzug gegen Vielfalt
Donald Trump ließ Anfang 2025 keinen Zweifel an seiner Haltung gegenüber Diversity-, Equity- und Inclusion-Programmen (kurz: DEI). Ein Präsidenten-Dekret erklärte diese Initiativen kurzerhand für unzulässig – zumindest für Bundesbehörden und alle Unternehmen, die mit diesen zusammenarbeiten. Die Folge: Ein Klima der Einschüchterung, das auch große Konzerne wie T-Mobile USA dazu bringt, sich anzupassen.
Kaum war die Tinte auf dem Dekret getrocknet, kündigte T-Mobile in einem Brief an die amerikanische Telekom-Regulierungsbehörde FCC an, man werde bestimmte DEI-Ziele aufgeben und gleich zwei Beiräte auflösen, die sich mit Vielfaltsthemen beschäftigten.
Heftiger Gegenwind aus Deutschland
In der Bundesrepublik sorgt dieser Kurswechsel für Empörung. CDU-Politiker Peter Beyer äußerte sich scharf: „Erbärmlich“ sei das Verhalten des Konzerns. Und auch von den Grünen hagelte es Kritik. Parteichef Felix Banaszak nannte die Entscheidung ein „beschämendes Signal“ – gerade in einer Zeit, in der rechtspopulistische Strömungen weltweit an Stärke gewinnen.
Wer sich jetzt noch beugt, wenn es um Grundwerte geht, so die Kritiker, verspielt seine Glaubwürdigkeit.
Zwischen Gesetz und Gewissen
Die Deutsche Telekom versucht zu beschwichtigen. Sie sei weiterhin fest den eigenen Werten verpflichtet, versichert der Konzern. Doch man müsse sich eben auch an das geltende Recht in den jeweiligen Märkten halten – und das bedeute im Falle der USA: kein Spielraum für DEI.
Doch wie viel Freiwilligkeit steckt in dieser Entscheidung? Oder war es schlicht ein wirtschaftliches Kalkül?
Ein Milliardengeschäft unter Druck
Fakt ist: T-Mobile USA ist ein echter Goldesel für den Mutterkonzern. Ein Großteil der Konzernumsätze entsteht in den Vereinigten Staaten – entsprechend groß ist die Abhängigkeit. Und wenn dann plötzlich die Genehmigung für die Übernahme eines wichtigen Kabelnetzbetreibers (Lumos) kurz nach dem DEI-Rückzug durchgewunken wird, liegt der Verdacht nahe: Hier geht es weniger um politische Neutralität als um knallharte Deals.
Wirtschaftliche Interessen, so scheint es, stehen ganz oben auf der Agenda – selbst wenn dafür gesellschaftliche Verantwortung über Bord geworfen wird.
Unternehmenswerte nur auf dem Papier?
Die Telekom versichert, sie stehe auch weiterhin zu Diversität und Inklusion – zumindest in Europa. Aber ist ein geteiltes Wertekonzept überhaupt glaubwürdig? Wenn das Bekenntnis zu Vielfalt nicht überall gilt, sondern je nach Markt angepasst wird, droht der Eindruck zu entstehen: Prinzipien gelten nur, solange sie dem Umsatz nicht schaden.
Und genau das bringt viele Beobachter in Rage.
Europa schaut hin – aber reagiert es auch?
In Brüssel und Berlin verfolgt man die Entwicklungen mit wachsendem Unbehagen. Europäische Unternehmen geraten zunehmend in ein Spannungsfeld zwischen unterschiedlichen politischen Systemen. Während hierzulande Vielfalt als Stärke gilt, wird sie anderswo als Schwäche ausgelegt – besonders unter Trump.
Wie also soll ein Konzern agieren, wenn er zwischen zwei so konträren Weltbildern zerrieben wird?
Eine Frage des Rückgrats
Man könnte auch fragen: Wie viel Rückgrat braucht ein Weltkonzern? Reicht es, sich bei politischen Veränderungen einfach anzupassen, oder muss ein Unternehmen Haltung zeigen, gerade wenn es unbequem wird?
Klar ist: Wer seine gesellschaftliche Verantwortung nur dann wahrnimmt, wenn es nichts kostet, hat das Prinzip nicht verstanden.
Und jetzt?
Die Causa T-Mobile ist mehr als ein Streit um Beiräte und Zielvorgaben. Sie ist ein Symbol für die tiefere Frage: Wie verteidigen wir unsere Werte in einer Welt, in der autoritäre Tendenzen wieder erstarken?
Ein kleiner Schritt hin zur Anpassung in den USA – aber ein großer Rückschritt für ein europäisches Leitbild.
Von Andreas M. Brucker
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