Tag & Nacht




Der Charme von Arras liegt nicht nur in seinen prachtvollen flämischen Fassaden und historischen Plätzen – sondern auch in seinem lebendigen Zentrum. Doch wie viele mittelgroße Städte in Frankreich steht auch Arras vor einer harten Realität: dem täglichen Kampf der lokalen Händler um Kundschaft, Präsenz und wirtschaftliches Überleben.

Fortschritt ja – aber gebremst

Seit 2016 unternimmt die Stadt große Anstrengungen, um ihren Stadtkern zu revitalisieren. Unterstützt durch das nationale Programm „Action cœur de ville“, wurden bis 2020 23 Gebäude renoviert, 43 Wohnungen geschaffen und 56 neue Geschäfte eröffnet. Die Leerstandsquote sank deutlich – von 22 Prozent im Jahr 2016 auf 9 Prozent nur vier Jahre später. Klingt nach Erfolg, oder?

Doch wer durch die Gassen von Arras schlendert, spürt: Die Herausforderungen bleiben. Die Konkurrenz durch Einkaufszentren am Stadtrand und der Onlinehandel machen vielen kleinen Läden schwer zu schaffen. Hinzu kommen die Spätfolgen der Corona-Pandemie – mit erschöpften Rücklagen und verändertem Kaufverhalten der Bürger.

Lokale Antworten auf globale Probleme

Die Stadt hat reagiert: Eine eigene Anlaufstelle für Geschäftsleute unterstützt bei Fassadenrenovierungen, Geschäftseröffnungen und konkreten Finanzhilfen. Dazu kommen Studien, die den Bedarf in einzelnen Vierteln ermitteln – um Leerstand gezielter zu bekämpfen.

Doch damit nicht genug. Arras setzt auf Partnerschaften – etwa mit der URSSAF oder dem Handelsgericht – um frühzeitig eingreifen zu können, wenn Unternehmen ins Schlingern geraten. Es geht um Prävention, nicht bloß um Schadensbegrenzung.

Kultur trifft Kaufkraft

Die Stadt denkt dabei über das rein Wirtschaftliche hinaus. Mit Pop-up-Stores, Straßenfesten und einer gezielten Förderung des lokalen Handwerks wird das Zentrum zum Erlebnisort. Denn ein belebter Stadtkern braucht mehr als Schaufenster – er braucht Atmosphäre.

Auch Nachhaltigkeit spielt eine Rolle: Mehr Fahrradwege, bessere Busverbindungen und eine Aufwertung des öffentlichen Raums sollen den Zugang erleichtern und die Innenstadt langfristig stärken. Denn was nützt das schönste Schaufenster, wenn niemand daran vorbeigeht?

Ein Modell mit Vorbildfunktion?

Arras ist bei weitem kein Einzelfall. Städte wie Pau, Bourges oder Laval kämpfen mit ähnlichen Problemen – und könnten von den Ansätzen in Arras lernen. Denn klar ist: Wer Innenstadtentwicklung nur mit Beton und Parkplätzen denkt, greift zu kurz. Es braucht ein ganzheitliches Konzept – sozial, wirtschaftlich und kulturell.

Die Händler in Arras wünschen sich vor allem eines: eine verlässliche Perspektive. Wer einen Laden führt, braucht Planungssicherheit – und eine Stadt, die an die eigene Zukunft glaubt. Mit gezielter Unterstützung, klugen Investitionen und dem Mut, neue Wege zu gehen, kann das gelingen.

Und was bleibt?

Arras zeigt, dass man gegen Leerstand, Onlinehandel und Passivität ankommen kann – wenn man früh genug anfängt und konsequent bleibt. Doch die Balance bleibt empfindlich. Der kleinste Rückschritt, und der Weg nach vorne wird steinig.

Vielleicht ist genau das die eigentliche Herausforderung: Nicht nur das Zentrum zu renovieren – sondern seine Seele lebendig zu halten.

Von M.A.B.

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