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Die Spannungen zwischen den USA und Russland erreichen einen neuen Höhepunkt, nachdem Washington zwei atomar bewaffnete U-Boote in eine nicht näher bezeichnete Region verlegt hat. Der Schritt erfolgte als Reaktion auf aggressive Äußerungen des russischen Ex-Präsidenten Dmitri Medwedew. Der Kreml mahnt nun zur rhetorischen Abrüstung – und zur Rückkehr auf den Boden strategischer Vernunft.

Der Sprecher der russischen Präsidentschaft, Dmitri Peskow, reagierte am Montag auf die Entsendung der U-Boote mit einem Appell zur Mäßigung: „Wir glauben, dass alle Seiten größte Vorsicht walten lassen sollten, wenn es um Äußerungen zur Nuklearthematik geht.“ Russland wolle sich, so Peskow weiter, nicht in eine „Polarisierungsrhetorik hineinziehen lassen“, die lediglich zur Eskalation beitrage.

Strategisches Muskelspiel im Schatten der Ukraine

US-Präsident Donald Trump hatte am Freitag öffentlich den Befehl zur Entsendung von zwei atomgetriebenen U-Booten bekannt gegeben – als direkte Antwort auf verbale Drohungen des früheren russischen Präsidenten Medwedew, der zuletzt offen über einen möglichen atomaren Schlag gegen „feindliche Hauptstädte“ gesprochen hatte. Details zur genauen Position oder Bewaffnung der U-Boote nannte Trump nicht. In einer Pressekonferenz am Montag sprach er lediglich davon, die Schiffe befänden sich „in der Region“.

Ob es sich bei den Einheiten um mit Nuklearsprengköpfen bestückte Trägersysteme handelt – wie etwa Boomer der „Ohio“-Klasse – oder um Jagd-U-Boote mit konventioneller Bewaffnung, ließ das Pentagon offen. Die Unklarheit ist Teil der Strategie: Ambivalenz als Bestandteil nuklearer Abschreckung. In sicherheitspolitischen Kreisen wird der Schritt dennoch als bewusst gesetztes Signal verstanden – nicht nur an Moskau, sondern auch an Peking und Neu-Delhi.

Medwedew als rhetorischer Brandstifter

Die Zuspitzung kommt nicht von ungefähr. Dmitri Medwedew, einst als liberale Hoffnung innerhalb der russischen Elite gehandelt, hat sich in den letzten Jahren zu einem der schärfsten Falken im Kreml gewandelt. Seine jüngsten Äußerungen über „präventive Atomschläge“ gegen den Westen sind Ausdruck eines innenpolitischen Radikalisierungskurses, der sich auch auf die außenpolitische Kommunikation überträgt.

Medwedews Rolle ist ambivalent: Einerseits dient er als Ventil für extreme Positionen innerhalb des Machtapparats, andererseits bereitet seine Rhetorik den Boden für eine Normalisierung nuklearer Drohkulissen im öffentlichen Diskurs.

Ultimaten und wirtschaftlicher Druck

Die US-amerikanische Machtdemonstration ist jedoch nicht nur militärisch motiviert. Trump koppelte sie an ein politisches Ultimatum: Russland müsse bis Ende der Woche „ernsthafte Schritte“ zur Beendigung des Ukraine-Krieges einleiten – andernfalls drohten neue Sanktionen. Dabei geht es insbesondere um sogenannte sekundäre Zölle auf Staaten, die weiterhin Handel mit Russland treiben. Die Drohung zielt vor allem auf China und Indien, deren wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Moskau in den letzten Monaten sogar intensiviert wurde.

Diese Maßnahme würde eine weitere Eskalation im globalen Handel bedeuten – eine geopolitische Multiplikation des Konflikts in Osteuropa. Ökonomisch betrachtet handelt es sich um eine Strategie der Erstickung: Russland soll durch globale Isolation zu einem Kurswechsel gezwungen werden. Die Erfolgsaussichten sind jedoch fraglich, zumal China und Indien wirtschaftlich zu groß sind, um sich dauerhaft amerikanischem Druck zu beugen.

Kalter Krieg reloaded?

Die Ereignisse der letzten Tage rufen Erinnerungen an die tiefgefrorene Logik des Kalten Kriegs wach – inklusive der symbolischen Entsendung nuklearfähiger U-Boote als Teil diplomatischer Drohkulissen. Doch die geopolitischen Voraussetzungen haben sich verändert: Während der Kalte Krieg von klaren Blockkonfrontationen geprägt war, agieren heute multiple Mächte mit eigenständigen Interessen – nicht zuletzt die regionalen Hegemonialmächte Asiens.

Dass die USA dennoch auf klassische Mittel der Abschreckung zurückgreifen, zeigt zweierlei: zum einen das wachsende Misstrauen gegenüber der russischen Führung, zum anderen aber auch eine strategische Ratlosigkeit im Umgang mit asymmetrischen Bedrohungen, hybrider Kriegsführung und einem zunehmend fragmentierten internationalen System.

Der Kreml versucht nun, sich rhetorisch von Medwedews Aussagen zu distanzieren, ohne ihn offen zu desavouieren. Das ist ein Balanceakt: Zwischen innenpolitischer Machterhaltung und außenpolitischer Deeskalation. Denn am Ende droht aus kalkulierter Drohkulisse ein unkontrollierbares Eskalationsszenario zu werden.

Autor: Andreas M. Brucker

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