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Was passiert, wenn ein Bundesstaat grün denkt – und die US-Bundespolitik rot sieht? In den Vereinigten Staaten bahnt sich ein erbitterter Streit an, der nicht nur Kalifornien, sondern das ganze Land erschüttern könnte. Der jüngste Beschluss des US-Senats, Kalifornien die Durchsetzung seines geplanten Verbots für neue Benziner ab 2035 zu untersagen, sorgt für ordentlich Zündstoff.

Ein Paukenschlag, der Fragen aufwirft. Vor allem eine: Wer hat in Umweltfragen das letzte Wort – die Bundesstaaten oder Washington?

Kaliforniens mutiger Vorstoß und der große Dämpfer

Gouverneur Gavin Newsom hatte 2020 einen kühnen Plan vorgestellt: Ab 2035 sollen in Kalifornien keine neuen Autos mit Verbrennungsmotor mehr verkauft werden. Stattdessen soll die Zukunft elektrisch surren – sauber, leise und klimaschonend. Mit Unterstützung der US-Umweltschutzbehörde (EPA) unter Präsident Biden bekam der Plan grünes Licht. Elf weitere Bundesstaaten machten mit, zusammen gut 40 % des US-Automarktes.

Doch jetzt – ein harter Rückschlag: Der US-Senat beschloss am 22. Mai mit 51 zu 44 Stimmen, diese Sonderregelung Kaliforniens aufzuheben. Noch fehlt die Unterschrift von Präsident Donald Trump, doch die Zeichen stehen auf Kurskorrektur.

Warum der Widerstand?

Die Kritiker – unter ihnen sämtliche republikanische Senatoren sowie eine demokratische Stimme aus Michigan – sehen in Kaliforniens Verbot eine versteckte Zwangsmaßnahme: Elektroautos für alle, egal ob’s passt oder nicht. Das überfordere Verbraucher und Autobauer gleichermaßen, argumentieren sie. Senator John Thune brachte es auf den Punkt: Kaliforniens Regeln betreffen nicht nur Kalifornien – sie beeinflussen das ganze Land.

Ein Argument, das durchaus Gewicht hat. Aber auch eines, das den föderalen Gedanken auf eine harte Probe stellt.

Kaliforniens Gegenwehr: „Wir lassen uns das nicht gefallen!“

Kaum war der Beschluss gefasst, kündigten Newsom und Kaliforniens Generalstaatsanwalt Rob Bonta rechtliche Schritte an. Für sie ist das Vorgehen des Kongresses ein direkter Angriff auf den Clean Air Act – jenes Gesetz, das Kalifornien seit Jahrzehnten das Recht auf strengere Umweltregeln garantiert.

Newsom legte nach: Es gehe nicht bloß um Elektroautos, sondern darum, ob man „Verschmutzern erlaubt, mehr zu verschmutzen“. Eine klare Kampfansage, die zeigt, wie ernst es Kalifornien meint.

Und nicht ohne Grund: Studien des California Air Resources Board zeigen, dass das Verbot bis 2040 rund 395 Millionen Tonnen CO₂ eingespart hätte. Das entspricht etwa dem jährlichen Ausstoß von 85 Millionen Autos. Ein gigantischer Hebel – mit ebenso gigantischer Bedeutung für die Gesundheit der Bevölkerung.

Die Autoindustrie: Zwischen Technik und Politik

Autobauer wie GM und Toyota schütteln derweil den Kopf. Zu teuer, zu aufwendig, zu schnell – so der Tenor. Sie befürchten höhere Kosten und einen massiven Umbau ihrer Produktionslinien.

Gleichzeitig verlangsamt sich durch die politische Kehrtwende der Ausbau der Elektromobilität. Umweltorganisationen warnen eindringlich: Das könnte die USA beim Klimaschutz weit zurückwerfen – während andere Nationen längst auf der Überholspur sind.

Zumal die Trump-Administration plant, weitere Umweltmaßnahmen zu kippen: Steuervergünstigungen für E-Autos? Sollen weg. Zusätzliche Gebühren für E-Auto-Besitzer? Sind in Arbeit. Das riecht nach Gegenwind – und zwar kräftigem.

Zwischen Föderalismus und Faustrecht

Der eigentliche Knackpunkt ist jedoch ein anderer: Die Entscheidung gegen Kalifornien wurde mit dem „Congressional Review Act“ gefällt – einem Instrument, mit dem Bundesgesetze und Regelungen rückgängig gemacht werden können. Ein äußerst seltener, aber wirksamer Schritt.

Senator Adam Schiff warnte bereits: „Diese Entscheidung sollte allen Bundesstaaten kalte Schauer über den Rücken jagen.“ Denn was heute Kalifornien trifft, kann morgen Texas oder New York betreffen. Der Präzedenzfall ist geschaffen.

Was bleibt, ist ein politischer Showdown, der die Grundfesten des US-Föderalismus erschüttert. Die Gerichte werden klären müssen, wie weit die Autonomie der Bundesstaaten tatsächlich reicht – und wie viel Macht Washington sich herausnehmen darf.

Und jetzt?

Die Entscheidung des US-Senats ist ein Rückschritt, ja – aber vor allem ein Wendepunkt. Der Streit zwischen Kalifornien und dem Bund ist mehr als eine Auseinandersetzung um Antriebe – er ist ein Symbol für den tiefgreifenden Konflikt zwischen Umweltpolitik, Wirtschaft, Föderalismus und politischer Macht.

Wie geht es weiter? Die Klagen sind unterwegs, die Debatte ist entfacht, und der Ausgang offen.

Eines ist sicher: Die Schlacht um die Zukunft des Autos in Amerika hat gerade erst begonnen.

Von C. Hatty

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