Ein Jahrhundert lang war das Schwimmen in der Seine tabu – nun steht Paris vor einem historischen Wendepunkt. Ab dem 5. Juli 2025 dürfen Einheimische und Besucher wieder offiziell in der Seine baden. Drei eigens dafür eingerichtete Stellen machen es möglich: der „Bras Marie“ im Pariser Zentrum, der „Port de Grenelle“ im 15. Arrondissement und der „Quai de Bercy“ im 12. Bezirk.
Diese Entscheidung ist das Ergebnis eines ehrgeizigen und langjährigen Vorhabens, das mit den Olympischen Spielen 2024 neuen Schwung erhielt. Die französische Hauptstadt hat sich mit Vehemenz der Aufgabe gewidmet, die Wasserqualität der Seine auf ein sicheres Niveau zu bringen – mit Erfolg.
Ein Fluss wird zurückerobert
Die Vorbereitungen dafür liefen über Jahre: Seit 2016 wurden mehr als 1,1 Milliarden Euro in neue Kanalisationen, moderne Kläranlagen und die Reduzierung von Schadstoffeinleitungen gesteckt. All das, um dem Ziel näher zu kommen, den einst so sehr verschmutzten Fluss wieder badefreundlich zu machen.
Prominente gehen mit gutem Beispiel voran
Ein starkes Zeichen soll gleich zu Beginn gesetzt werden: Sportministerin Marie Barsacq und Bürgermeisterin Anne Hidalgo wollen am Eröffnungstag selbst in die Seine steigen. Diese symbolische Geste soll das Vertrauen in die neue Wasserqualität unterstreichen – und alle dazu ermutigen, das Flusserlebnis zu genießen.
Sicherheit hat Priorität
Damit der Sprung ins kühle Nass auch wirklich sorglos möglich ist, wird jeder der drei Badeplätze professionell überwacht. Es gibt ausgebildete Rettungsschwimmer, tägliche Wasserproben und ein übersichtliches Flaggensystem zur aktuellen Wasserqualität. Ein grüner Wimpel zeigt: Alles im grünen Bereich. Gelb heißt: Achtung, erhöhte Aufmerksamkeit. Und bei Rot ist das Baden temporär verboten.
Mehr als nur ein Sommer-Gag
Die Rückkehr des Badens in die Seine steht exemplarisch für ein neues Lebensgefühl in Paris. Die Stadt richtet sich mehr auf die Bedürfnisse ihrer Bewohner aus, investiert in grüne Infrastruktur und schafft Raum für Erholung mitten im urbanen Raum.
Ein Fluss, der einst als Industriekanal galt, wird nun zum Ort des Lebens – das hat Symbolkraft. Gleichzeitig zeigt Paris, dass ökologischer Wandel auch mitten in einer Millionenstadt möglich ist, wenn der politische Wille da ist.
Was bedeutet das für die Zukunft?
Das Comeback der Seine als Badeort könnte Vorbildcharakter für andere Städte haben. Wer sagt denn, dass urbane Flüsse nur zum Durchfließen gedacht sind? Wenn Paris das schafft – warum dann nicht auch Lyon, Marseille oder Berlin?
Und Hand aufs Herz: Wer träumt nicht davon, nach Feierabend einen Sprung ins Wasser zu wagen, ohne dafür die Stadt verlassen zu müssen?
Die Stadt wird menschlicher
Hinter dem Projekt steckt auch ein tiefgreifender Mentalitätswandel. Die Pariserinnen und Pariser sollen wieder näher an ihren Fluss heranrücken, ihn nicht nur sehen oder daran vorbeilaufen – sondern erleben, fühlen, genießen. Mit nackten Füßen, Wasserspritzern im Gesicht und dem Lachen der Kinder im Ohr.
Der Badeort „Bras Marie“ zum Beispiel – mitten im Herzen von Paris – könnte zu einem neuen Lieblingsplatz der Stadt werden. Romantisch, zentral und völlig neu erlebbar. Auch die anderen beiden Stellen haben das Potenzial, kleine Oasen im Großstadtgetümmel zu werden.
Schwimmen mit Blick auf den Eiffelturm
Besonders der Standort am Port de Grenelle dürfte für internationale Besucher reizvoll sein: Schwimmen mit Blick auf den Eiffelturm – das klingt fast zu schön, um wahr zu sein. Doch genau das wird Realität. Mit der Freigabe zum Baden zeigt Paris, dass Lebensqualität nicht am Stadtrand endet, sondern mitten im Zentrum beginnen kann.
Weniger Auto, mehr Wasser – so fühlt sich Zukunft an
Paris hat in den letzten Jahren zahlreiche Autospuren umgewandelt, Parkplätze reduziert, Fahrradwege ausgebaut und nun – die Seine zum Leben erweckt. All das aus einer Vision heraus: eine lebenswertere Stadt mit Raum für Mensch und Natur.
Und wie man sieht – Visionen können Wirklichkeit werden.
Von Andreas M. Brucker
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