„Cet été on va se baigner dans la Seine“ – mit diesem Satz hat Marc Guillaume, Präfekt der Region Île-de-France, hohe Erwartungen geweckt. Die Vorstellung, mitten in Paris ins kühle Nass der Seine zu springen, klang lange wie ein urbaner Mythos. Doch 2024 rückte dieser Traum näher als je zuvor. Die Olympischen Spiele wurden zum Katalysator eines Mammutprojekts – mit der Vision, die Seine nicht nur zu einem sportlichen Schauplatz, sondern auch zu einem öffentlichen Badeort zu machen.
Ein Plan, der so ambitioniert ist wie romantisch.
Seit 2015 wurden sage und schreibe 1,4 Milliarden Euro investiert, um die Wasserqualität zu verbessern. Das zentrale Projekt: das gigantische Rückhaltebecken von Austerlitz. Mit 50 Metern Durchmesser und 30 Metern Tiefe wirkt es wie ein unterirdischer Ozean – gebaut, um Regen- und Abwasser bei Unwettern aufzufangen. Ziel: verhindern, dass ungeklärtes Wasser in die Seine gelangt. Eine notwendige Maßnahme, denn der Fluss ist empfindlich. Sobald es regnet, wird das Wasser trüb – und der Traum vom Baden droht davonzuschwimmen.
Das zeigte sich auch im Juni 2024.
Eine Regenperiode sorgte für erhöhten Wasserstand und starke Strömungen – und machte die Seine kurzfristig zur Badewanne mit Risiko. Selbst Anfang Juli war an sicheres Schwimmen nicht zu denken. Marc Guillaume räumte ein: „Bei diesem Wasserstand ist die Strömung zu stark“. Doch das Wetter lässt sich nun mal nicht regeln – auch nicht von der Präfektur.
Und trotzdem wagte man im Juli ein Zeichen.
Ein echtes Medienspektakel: Anne Hidalgo, Bürgermeisterin von Paris, tauchte am 17. Juli gemeinsam mit Tony Estanguet, dem Chef des Olympia-Komitees, und eben jenem Marc Guillaume in die Seine. Ein PR-Bad mit Symbolkraft – und der klaren Botschaft: „Seht her, wir glauben an das Projekt.“
Ob das genügt?
Die Olympischen Spiele sind vorbei, doch das eigentliche Ziel liegt noch vor der Stadt. Ab Sommer 2025 sollen drei feste Badestellen eröffnet werden: in Bercy, am Bras Marie und am Bras de Grenelle. Klingt nach urbaner Riviera – aber dafür muss das Wasser auch im Alltag rein genug sein. Die tägliche Herausforderung: schwankende Temperaturen, Starkregen, Zuflüsse aus dem Umland.
Und dann ist da noch die öffentliche Meinung.
Viele Pariserinnen und Pariser erinnern sich an Zeiten, als die Seine als Industriefluss galt – schmutzig, stinkend, gefährlich. Dass man heute wieder darüber spricht, dort zu baden, ist fast ein Wunder. Doch Skepsis bleibt: Wird das Projekt nur rund um die Olympischen Spiele funktionieren? Oder wird die Seine tatsächlich zu einem festen Teil des Pariser Sommers?
Die Antwort darauf kennt – mal wieder – das Wetter.
Denn so sehr man auch Millionen in Infrastruktur steckt: Wenn der Himmel dicht macht, helfen auch modernste Rückhaltebecken nicht mehr weiter. Die Hoffnung ruht nun auf einem guten Sommer 2025. Und darauf, dass die langfristigen Investitionen auch langfristige Wirkung zeigen.
Die Frage bleibt: Tauchen wir bald wirklich ein – oder bleibt alles nur ein Planschversprechen?
Von Catherine H.
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