Die diplomatischen Bemühungen um eine Deeskalation des Ukraine-Krieges haben einen neuen Rückschlag erlitten. Trotz einer von den USA und Russland vereinbarten 30-tägigen Pause der Angriffe auf die ukrainische Energieinfrastruktur setzte Moskau seine militärischen Operationen fort. Ziel der jüngsten Angriffe waren erneut zivile Einrichtungen, darunter ein Krankenhaus in Sumy sowie mehrere Stadtteile von Kiew. Die Ukraine sieht in diesen Angriffen den Beweis, dass Russland nicht ernsthaft an einem Waffenstillstand interessiert ist.
Die Reaktion aus Deutschland folgte prompt. Verteidigungsminister Boris Pistorius bezeichnete die fortgesetzten Angriffe als Beleg für das taktische Spiel Russlands, das lediglich den Anschein diplomatischer Fortschritte erwecken wolle. Es sei offensichtlich, dass Moskau nicht bereit sei, von seiner aggressiven Haltung abzurücken. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz forderte einen umfassenden Waffenstillstand und betonte, dass eine nachhaltige Friedenslösung nur unter direkter Einbeziehung der Ukraine gefunden werden könne.
Die USA hatten zuvor einen begrenzten Waffenstillstand mit Russland verhandelt, der sich auf Angriffe gegen Energieinfrastrukturen beschränkte. Washington drängt nun darauf, dass die Vereinbarung auch auf andere zivile Einrichtungen ausgeweitet wird. In diesem Zusammenhang sind für das kommende Wochenende neue Verhandlungen in Saudi-Arabien angesetzt. Die USA werden durch hochrangige Vertreter aus dem Außenministerium und dem Nationalen Sicherheitsrat vertreten sein, während die russische Delegation bislang nicht offiziell benannt wurde.
Die anhaltenden Angriffe lassen Zweifel an der Glaubwürdigkeit der russischen Zusagen aufkommen. Präsident Wolodymyr Selenskyj betonte in einer ersten Reaktion, dass Wladimir Putin den Vorschlag eines vollständigen Waffenstillstands explizit abgelehnt habe. Dies untergrabe die Hoffnungen auf eine baldige Deeskalation und verstärke den Druck auf die westlichen Staaten, ihre militärische und wirtschaftliche Unterstützung für die Ukraine aufrechtzuerhalten.
Berlin sieht sich mit der Herausforderung konfrontiert, seinen Einfluss innerhalb der EU zu nutzen, um eine kohärente Reaktion auf die Entwicklungen in der Ukraine zu koordinieren. Deutschland hat sich in den vergangenen Monaten als einer der wichtigsten politischen und wirtschaftlichen Unterstützer der Ukraine positioniert und drängt auf eine einheitliche europäische Haltung. Die Forderungen nach weiteren Sanktionen gegen Russland und einer verstärkten militärischen Hilfe für die Ukraine dürften nun erneut an Gewicht gewinnen.
Die bevorstehenden Gespräche in Jeddah könnten entscheidend dafür sein, ob ein weitergehender Waffenstillstand realistisch erscheint oder ob sich die Fronten weiter verhärten. Dabei bleibt die Frage offen, inwieweit Russland tatsächlich bereit ist, über substanzielle Friedensvereinbarungen zu verhandeln oder ob es lediglich Zeit gewinnen will, um seine militärischen Ziele weiterzuverfolgen. Der internationale Druck auf Moskau nimmt zu, doch eine nachhaltige Lösung scheint nach den jüngsten Angriffen in weiter Ferne.
Autor: P.T.
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