Tag & Nacht

In einer Zeit, in der sich die Demokratische Partei orientierungslos zeigt, kommt ein alter Bekannter auf die politische Bühne zurück: Bernie Sanders. Der 83-jährige Senator aus Vermont hat sich an die Spitze der progressiven Opposition gegen Donald Trump gestellt und mobilisiert mit seinen Auftritten Zehntausende. Dabei greift er nicht nur Präsident Donald Trump scharf an, sondern prangert auch die Schwäche der eigenen Partei an.

Eine Kampagne ohne Kandidatur

Offiziell bewirbt sich Sanders nicht erneut um das Präsidentenamt. Doch seine Auftritte erinnern an Wahlkampfveranstaltungen: In Kenosha, Wisconsin, versammelten sich 4.000 Anhänger, in Altoona kamen 2.600 Menschen zusammen, und in einem Vorort von Detroit übertrafen die 9.000 Zuhörer sogar die höchsten Erwartungen seines Teams. Jede Station dieser Tour liegt in einem umkämpften Wahlkreis, den derzeit ein republikanischer Abgeordneter im US-Repräsentantenhaus vertritt.

Sanders selbst gibt sich pragmatisch: „Das Land steckt in Schwierigkeiten, und ich will meinen Teil dazu beitragen, das zu ändern.“ Dass dies Spekulationen über eine erneute Kandidatur befeuert, nimmt er in Kauf. Sein Team, das die „Stop-Oligarchy-Tour“ organisiert, hatte in den ersten Wochen nach Trumps Rückkehr ins Weiße Haus gezielt abgewartet, ob sich eine prominente demokratische Gegenstimme etablieren würde. Doch als sich niemand fand, füllte Sanders selbst das Vakuum.

Demokraten auf der Suche nach einer Strategie

Die Demokratische Partei zeigt sich nach dem Wahlsieg Trumps uneins. Während einige Strategen empfehlen, sich auf wirtschaftliche Themen wie Inflation und Lebenshaltungskosten zu konzentrieren, fordern andere eine offenere Konfrontation mit Trump. Sanders hat sich klar für Letzteres entschieden: Er attackiert nicht nur dessen autoritäre Tendenzen und die geplanten Massenentlassungen im öffentlichen Dienst, sondern auch die mangelnde Entschlossenheit der eigenen Partei.

Seine Parteikollegin Alexandria Ocasio-Cortez unterstützt ihn in dieser Haltung: „Wir müssen die Debatte direkt zu den Menschen bringen.“ Sie plant, Sanders auf einigen seiner Tourstopps zu begleiten und eigene Auftritte in republikanisch geführten Bezirken zu organisieren.

Dennoch bleibt Sanders innerhalb der Demokraten umstritten. Seine Forderungen nach staatlicher Gesundheitsversorgung („Medicare for All“), kostenlosem Hochschulzugang und umfassendem Klimaschutz gelten vielen als zu radikal. Bereits 2020 hatten sich die Demokraten um Joe Biden versammelt, um Sanders als Präsidentschaftskandidaten zu verhindern. Auch heute sehen viele ihn eher als Gefahr denn als Hoffnungsträger.

Widerstand gegen Trump als neue Mission

Dass Sanders dennoch auf eine breite Resonanz stößt, liegt nicht zuletzt an der Unzufriedenheit vieler Demokraten mit der aktuellen Parteiführung. Der Vorsitzende der United Auto Workers, Shawn Fain, formulierte es so: „Die Demokraten müssen sich entscheiden, wen sie vertreten wollen. Wenn sie nicht für die Arbeiter da sind, sind wir nicht für sie da.“

Diese Skepsis gegenüber der Partei führt dazu, dass Sanders Anhänger weit über das linke Spektrum hinaus findet. Viele, die sich auf seinen Veranstaltungen versammeln, haben ihn bei früheren Wahlen nicht unterstützt. Doch ihre Sorge vor Trumps zweiter Amtszeit treibt sie zu ihm.

„Ich bin hier, weil ich Angst um unser Land habe“, sagt Diana Schack, eine 72-jährige pensionierte Anwältin in Michigan gegenüber der Agentur AP. „Diese Zeiten sind nicht normal.“

Das Vermächtnis eines politischen Dauerläufers

Trotz seiner 83 Jahre scheint Sanders nicht ans Aufhören zu denken. Sein Team arbeitet mit ehemaligen Wahlkampfstrategen zusammen, um seine Veranstaltungen professionell zu organisieren. Ob er langfristig diese Rolle als Wortführer des Widerstands beibehalten kann, bleibt abzuwarten. Gesundheitliche Probleme hatte er zuletzt 2019, als er während des Präsidentschaftswahlkampfs wegen eines Herzinfarkts behandelt wurde. Seither sei er stabil, versichert sein Umfeld.

Doch die zentrale Frage bleibt: Kann Sanders die Demokraten zu einer klaren Strategie führen, oder bleibt er eine isolierte Stimme im linken Spektrum? Seine Warnung vor einer „Oligarchie“ und dem wachsenden Einfluss von Milliardären wie Elon Musk mag in seiner Anhängerschaft auf Resonanz stoßen. Doch ob dies reicht, um den Widerstand gegen Trump zu bündeln, ist ungewiss.

Autor: P. Tiko

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