Tag & Nacht

Am 27. Juli verwandelten sich die normalerweise feierlichen Stierkampfarenen von Beaucaire in ein Schlachtfeld – ein junger Stier, der an diesem Tag im Zentrum der Aufmerksamkeit stand, erlitt einen qualvollen Tod. Die Ereignisse dieses Tages haben nicht nur Tierschützer, sondern auch das Publikum und selbst die Stierkampfcommunity tief erschüttert.

Die schockierende Szene

Stellen Sie sich vor: Ein junger Torero steht im Ring, seine Bewegungen unsicher, während das Publikum die Luft anhält. Minuten vergehen – und der tödliche Stoß bleibt aus. Stattdessen sieht man, wie das Leben des Tieres quälend langsam beendet wird. Der junge Torero, dem es nicht gelang, den Stier innerhalb der vorgegebenen Zeit zu töten, musste zusehen, wie das Tier von den „Puntilleros“, bewaffnet mit Dolchen, getötet werden sollte. Doch anstatt das Tier schnell zu erlösen, verwandelte sich der Versuch in eine lange, grausame Prozedur, bei der das Tier minutenlang leiden musste.

Empörung und rechtliche Schritte

Das war der Moment, der das Fass zum Überlaufen brachte. Die Tierschutzorganisation Alliance Anticorrida reichte eine formelle Beschwerde beim Gericht in Nîmes ein. Ihr Ziel? Gerechtigkeit für das gequälte Tier – und die Bestrafung der Verantwortlichen.

Für die Organisation, die seit Jahren für die Abschaffung der Corrida kämpft, war dieser Fall besonders entsetzlich. Sie argumentiert, dass in diesem speziellen Fall der sogenannte „lokale ununterbrochene Brauch“ – oft als Argument für die Brutalität einer Corrida verwendet – nicht geltend gemacht werden könne. In ihrer Stellungnahme betont die Alliance Anticorrida, dass die Handlungen gegen das Tierschutzgesetz verstoßen und die üblichen Ausnahmen hier nicht anwendbar seien.

Ein Brauch im Wandel?

Man kann sich fragen: Ist das Argument der „Tradition“ wirklich noch haltbar, wenn es um solch offensichtliche Tierquälerei geht? In vielen südfranzösischen Städten wird der Stierkampf als kulturelles Erbe verteidigt – eine Praxis, die von Generation zu Generation weitergegeben wird. Doch die Ereignisse in Beaucaire haben gezeigt, dass selbst innerhalb dieser Kultur Grenzen überschritten werden können, die selbst die überzeugtesten Befürworter nicht mehr tolerieren.

Interessant ist auch, dass selbst innerhalb der Stierkampfcommunity Kritik laut wurde. Einige Toreros und Anhänger der Corrida äußerten ihr Unbehagen über das, was in Beaucaire passiert ist. Die Frage stellt sich, ob diese brutale Episode einen Wendepunkt darstellen könnte – nicht nur für die Corrida in Beaucaire, sondern auch für die Tradition in anderen Städten.

Die rechtlichen Konsequenzen

Sechs Personen und Organisationen sind nun ins Visier der Justiz geraten, darunter auch die Gemeinde Beaucaire selbst sowie die Organisatoren der Veranstaltung. Wenn die Klage Erfolg hat, könnte dies weitreichende Konsequenzen für zukünftige Stierkämpfe in der Region haben. Die Alliance Anticorrida hofft, dass dieses Ereignis ein Umdenken bewirkt und zumindest striktere Kontrollen und Maßnahmen eingeführt werden, um weitere Grausamkeiten dieser Art zu verhindern.

Ein Schlaglicht auf die Corrida

Dieser Vorfall lenkt das Licht auf die dunklen Seiten einer Tradition, die viele als romantisch und kulturell wertvoll betrachten. Doch hinter den farbenfrohen Umzügen und dem Stolz der Toreros lauert oft ein grausamer Tod für die Tiere. Kann eine Tradition, die solches Leid verursacht, im modernen Frankreich wirklich noch Bestand haben?

Vielleicht ist es an der Zeit, die Corrida nicht nur als einen Kampf zwischen Mensch und Tier zu betrachten, sondern auch als einen Kampf um Ethik und Mitgefühl. Wie lange wird es noch dauern, bis die Stimmen der Tierschützer lauter werden als der Jubel der Zuschauer?

Die nächsten Wochen und Monate könnten entscheidend sein – für die Zukunft der Corrida und für den Kampf gegen Tierquälerei im Namen der Tradition in Frankreich.


Du möchtest immer die neuesten Nachrichten aus Frankreich?
Abonniere einfach den Newsletter unserer Chefredaktion!