Ein Haushalt im Wandel – das ist es, was die französische Regierung mit ihrem kürzlich vorgelegten „reversiblen“ Haushaltsentwurf für 2025 anstrebt. Die Umstände sind jedoch ungewöhnlich: Der Haushaltsentwurf wurde von einer geschäftsführenden Regierung unterbreitet, die kurz vor dem Ende ihrer Amtszeit steht. Warum diese Entscheidung? Und welche Auswirkungen hat sie auf die Zukunft Frankreichs?
Die Regierung hat den Gesamthaushalt für 2025 auf 492 Milliarden Euro festgelegt – genau wie im Vorjahr. Eine bemerkenswerte Entscheidung, denn anstatt mit neuen, politischen Akzenten das Budget zu gestalten, bleibt alles beim Alten. Das Ziel ist klar: „Die Kontinuität des Staates gewährleisten“, wie es aus Matignon, dem Amtssitz des Premierministers, heißt.
Ein ungewöhnlicher Schritt in unruhigen Zeiten
Man kann sich fragen: Warum diese konservative Haltung? Es scheint, dass die derzeitige Regierung den nächsten politischen Akteuren Zeit geben möchte, um sich zu orientieren und ihre eigenen Visionen umzusetzen. Präsident Emmanuel Macron hat noch keine Nachfolger für die derzeitige Regierung ernannt. In dieser politisch unsicheren Phase will man offensichtlich vermeiden, dass die Zeit für die Ausarbeitung eines neuen Haushalts zu knapp wird.
Gabriel Attal, der amtierende Premierminister, hat am 20. August die sogenannten „Lettres Plafonds“ an die Ministerien verschickt. Diese enthalten den Vorschlag, das Budget von 2025 in exakt gleicher Höhe wie 2024 fortzuführen. Das bedeutet nicht, dass der kommende Haushalt in Stein gemeißelt ist – im Gegenteil, der zukünftige Premierminister, Premierministerin, wird die Möglichkeit haben, diesen Entwurf nach eigenen Vorstellungen anzupassen. Es ist ein „reversibler“ Haushalt, der sowohl Flexibilität als auch Kontinuität bietet.
Ein Wettlauf gegen die Zeit
Der Haushalt muss bis zum 1. Oktober dem Parlament vorgelegt werden, was bedeutet, dass die neue Regierung kaum Zeit haben wird, ihre eigenen Akzente zu setzen. Der Prozess der Haushaltsaufstellung ist komplex und zeitaufwändig – zahlreiche Gremien wie der Hohe Rat der öffentlichen Finanzen, der Staatsrat und das Kabinett müssen den Entwurf begutachten. Angesichts dieser Zeitnot hat Gabriel Attal den Entschluss gefasst, den Entwurf so vorzubereiten, dass den nächsten Regierungsoffiziellen der Übergang erleichtert wird.
Mit der Vorlage eines „Haushaltsentwurfs ohne Wert“ – also einem Haushalt, der keine Inflationsanpassung berücksichtigt – schafft die Regierung eine Ausgangsbasis, die ihren Nachfolgern Raum für Anpassungen lässt. Ein solcher Schritt ist selten und zeigt, wie ernst die aktuelle Regierung ihre Verantwortung nimmt.
Was bedeutet das für die Zukunft?
Durch die Beibehaltung des Budgets bei 492 Milliarden Euro spart die Regierung tatsächlich rund 10 Milliarden Euro, die sonst aufgrund der Inflation zusätzlich eingeplant werden müssten. Diese Einsparungen sind kein Zufall, sondern Teil einer größeren Strategie zur Einhaltung der europäischen Haushaltsregeln. Frankreich steht unter dem Druck der EU, seinen Haushaltssaldo bis 2027 auf 3 % des BIP zu senken. Mit einem stabilen Budget möchte die Regierung diesem Ziel näherkommen.
Finanzminister Bruno Le Maire hatte sogar eine noch restriktivere Linie vorgeschlagen, mit einem Budget von 487 Milliarden Euro – ebenfalls mit Blick auf die Einhaltung der europäischen Defizitvorgaben. Doch Premierminister Attal entschied sich für den höheren Betrag, wohl wissend, dass dies immer noch im Rahmen der haushaltspolitischen Verantwortung liegt.
Ein Balanceakt zwischen Kontinuität und Verantwortung
Die derzeitige Regierung hat mit diesem Haushaltsentwurf einen Balanceakt gewagt. Einerseits wird die politische Kontinuität gewahrt, indem das Budget ohne größere Anpassungen fortgeführt wird. Andererseits ist das Ziel klar: finanzielle Verantwortung übernehmen und gleichzeitig eine Vorbereitung auf künftige Herausforderungen.
Dieser „reversible“ Haushalt stellt sicher, dass Frankreich ein funktionierendes Budget hat, selbst wenn der politische Übergang länger dauert als erwartet. Und gleichzeitig bleibt Raum für den oder die zukünftige(n) Premierminister/in, die eigenen Prioritäten zu setzen. Es ist ein geschickter Schachzug, der zeigt, wie die aktuelle Regierung die Herausforderungen eines politischen Übergangs tadellos zu handhaben versucht – ohne die langfristigen Ziele aus den Augen zu verlieren.
Was bleibt? Ein Frankreich, das bereit ist, seine finanziellen Verpflichtungen zu erfüllen, während es in eine ungewisse politische Zukunft blickt. Man darf gespannt sein, welche Entscheidungen die kommende Regierung treffen wird – die Bühne ist jedenfalls bereitet.
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