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Mit demonstrativer Nähe zum saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman und milliardenschweren Investitionszusagen hat US-Präsident Donald Trump Mitte November ein starkes außenpolitisches Signal gesetzt. Doch während in Washington neue Rüstungs- und Wirtschaftsallianzen gefeiert werden, mehren sich die Stimmen, die eine problematische Vermischung von Amt und Privatinteressen befürchten. Im Zentrum der Kritik steht einmal mehr die Geschäftsstruktur der Trump-Familie – und die Frage, ob der Präsident sich tatsächlich aus unternehmerischen Aktivitäten herausgehalten hat.


Ein Pakt mit Milliardenvolumen

Der Staatsbesuch des saudischen Kronprinzen am 18. und 19. November wurde von Washingtoner Beobachtern bereits im Vorfeld als geopolitisch bedeutsam eingestuft. Tatsächlich nutzte Donald Trump die Bühne im Weißen Haus, um den Verbündeten am Golf als „major non-NATO ally“ hochzustufen – ein Status, der privilegierte militärische und wirtschaftliche Beziehungen ermöglicht. Zugleich kündigte die saudische Seite an, ihre Investitionen in die USA von derzeit rund 600 Milliarden auf fast eine Billion US-Dollar auszuweiten – eine Aufstockung, die als klares Bekenntnis zur Partnerschaft mit den Vereinigten Staaten gewertet wurde.

Ein zentraler Bestandteil der angekündigten Kooperationen sind US-Rüstungslieferungen, Infrastrukturprojekte sowie Digitalisierungsinitiativen, bei denen amerikanische Unternehmen eine führende Rolle übernehmen sollen. Es geht also nicht nur um symbolische Nähe, sondern um realwirtschaftliche Interessen in großem Maßstab – mit Auswirkungen auf Märkte, Arbeitsplätze und sicherheitspolitische Ausrichtungen.


Die Trump-Organisation im Fokus

Doch kaum war die Tinte unter den Absichtserklärungen trocken, wurden kritische Fragen laut. Denn laut Recherchen mehrerer US-Medien ist die Trump Organization – also das Konglomerat aus Hotels, Resorts und Immobilienprojekten der Präsidentenfamilie – in Saudi-Arabien weiterhin sehr aktiv. So existieren unter anderem Pläne für ein Luxus-Hotelprojekt in Jeddah, an dem Trump-nahestehende Unternehmen beteiligt sein sollen.

Zwar beteuert der Präsident öffentlich, keine aktive Rolle mehr im operativen Geschäft zu spielen: „I have nothing to do with the family business. I have left“, erklärte er auf Nachfrage. Doch juristisch gesehen bleiben Eigentumsverhältnisse und wirtschaftliche Beteiligungen bestehen – eine Tatsache, die das Risiko struktureller Interessenkonflikte nährt. Laut einem Bericht des US-Wirtschaftsportals Barron’s bleibt Donald Trump direkter Profiteur von Erträgen aus seinen Unternehmungen, auch wenn er formell keine Entscheidungen trifft.

Gerade außenpolitische Entscheidungen, die Investitionssicherheit, politische Stabilität oder Marktöffnung betreffen, könnten somit auch indirekt den Unternehmenswert steigern. Die Trennlinie zwischen öffentlichem Amt und privatem Vorteil erscheint zumindest unscharf – eine Grauzone, die demokratische Kontrollmechanismen herausfordert.


Demokratische Standards auf dem Prüfstand

In der amerikanischen Verfassung sind Interessenkonflikte zwar nicht explizit im Detail geregelt, doch die sogenannte „Emoluments Clause“ (Art. I, § 9, cl. 8) untersagt es Regierungsbeamten, ohne Zustimmung des Kongresses Geschenke oder Vorteile von ausländischen Staaten anzunehmen. Zwar argumentieren Trump-Anwälte seit Jahren, dass geschäftliche Gewinne aus Hotelübernachtungen oder Investitionen davon nicht erfasst seien – doch dieser juristische Streitpunkt bleibt umstritten.

Darüber hinaus steht die moralisch-politische Dimension im Raum: Kann ein Präsident glaubwürdig außenpolitische Entscheidungen treffen, wenn sein Familienunternehmen gleichzeitig von Partnerländern wirtschaftlich profitiert? Und wie wirkt sich das auf das Vertrauen in die Integrität der Regierungsführung aus?

In früheren Fällen – etwa bei Joe Biden oder Hillary Clinton – wurde stets betont, dass wirtschaftliche Beziehungen der Familie streng vom Amt getrennt seien. Im Fall Trump jedoch scheint die Durchlässigkeit größer zu sein. Und selbst wenn formell kein Gesetz verletzt wurde, bleibt die politische Wahrnehmung problematisch.


Saudi-Arabien als strategischer Partner trotz Kritik

Bemerkenswert ist auch die geopolitische Stoßrichtung der Annäherung: Trotz internationaler Kritik an der Menschenrechtslage, insbesondere nach der Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi, verfolgt Trump eine Linie enger Kooperation. Dabei setzt er wirtschaftliche und sicherheitspolitische Interessen klar über normative Prinzipien – eine Haltung, die bereits in seiner ersten Amtszeit prägend war.

Diese „Realpolitik“ steht in scharfem Kontrast zu Positionierungen der Europäischen Union, die im Umgang mit Saudi-Arabien stärker auf Menschenrechtsdialog und zivilgesellschaftliche Zusammenarbeit setzt. Auch Frankreich, Deutschland oder die Niederlande sind zunehmend vorsichtig in ihren Wirtschaftsbeziehungen zum Königreich – wenngleich auch dort Ölinteressen und Rüstungsaufträge eine ambivalente Rolle spielen.

Trumps Strategie steht exemplarisch für eine außenpolitische Neuorientierung, in der persönliche, wirtschaftliche und nationale Interessen zunehmend ineinanderfließen – eine Entwicklung, die nicht nur die US-Demokratie herausfordert, sondern auch das Verhältnis des Westens zu autoritären Staaten neu definiert.


Auch wenn Donald Trump öffentlich jede Verbindung zwischen seinen politischen Entscheidungen und geschäftlichen Interessen bestreitet, bleibt die strukturelle Nähe problematisch. Der Fall zeigt exemplarisch, wie schwierig es sein kann, in einem System ohne verpflichtende Offenlegungspflichten und mit schwachen Kontrollinstanzen für Präsidenten wirtschaftliche Transparenz durchzusetzen.

Die öffentliche Debatte in den USA steht damit erneut vor der Frage, wie institutionelle Unabhängigkeit und demokratische Integrität gesichert werden können – besonders in einem politischen Klima, in dem wirtschaftlicher Erfolg und politischer Einfluss immer enger miteinander verflochten erscheinen. Die Lehren daraus reichen über die Vereinigten Staaten hinaus und betreffen auch Europa, wo ähnliche Fragen nach Lobbyismus, Transparenz und politischer Verantwortung immer wieder auftauchen.

Autor: P. Tiko

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