Tag & Nacht




Vor genau drei Jahren endete für die ukrainische Kleinstadt Butscha eine dunkle Etappe – und eine neue, nicht minder schwere begann. Am 30. März 2022 verließen russische Truppen die Stadt. Was sie hinterließen, ging als das „Massaker von Butscha“ in die Geschichte ein.

In den Straßen lagen Leichen. Menschen, deren Hände gefesselt waren, aus nächster Nähe erschossen. Der Tod war nicht zufällig – er war geplant, systematisch und brutal. Es war der Moment, in dem die Welt endgültig begriff, was dieser Krieg bedeutete.

Ein Blick zurück: Was damals geschah

Butscha liegt nur wenige Kilometer nordwestlich von Kiew. Im März 2022 war die Stadt schwer umkämpft, fiel unter russische Besatzung – und wurde zum Schauplatz von Verbrechen, deren Ausmaß erst nach dem Rückzug sichtbar wurde.

Bis August 2022 fanden ukrainische Ermittler 458 Leichen. 419 davon trugen Spuren von Folter, Hinrichtungen, Gewalt. Fast alle Opfer waren Zivilisten. Menschen, die zur falschen Zeit am falschen Ort lebten – in ihren Häusern, auf der Flucht oder beim Versuch, anderen zu helfen.

Der Fund dieser Opfer löste international Fassungslosigkeit aus – und die klare Forderung: Diese Verbrechen dürfen nicht ohne Antwort bleiben.

Reaktionen aus aller Welt

Die Bilder aus Butscha ließen niemanden kalt. Politiker weltweit verurteilten die Taten aufs Schärfste. Olaf Scholz etwa sprach davon, dass die Verbrechen deutlich zeigten, was Putins Krieg wirklich sei: ein Angriff auf alles Menschliche. Auch der französische Präsident Emmanuel Macron nannte das Massaker „unerträglich“ und forderte Konsequenzen.

Internationale Organisationen wie Human Rights Watch dokumentierten akribisch, was in Butscha geschehen war. Ermittlungen wegen Kriegsverbrechen wurden eingeleitet. Die Welt forderte Gerechtigkeit – laut, deutlich und entschlossen.

Moskau indes? Stritt alles ab. Von einer Inszenierung war die Rede, von „Fake News“ – obwohl die Beweislage erdrückend war.

Ein Ort, der sich neu erfinden musste

Drei Jahre später steht in Butscha kein Stein mehr dort, wo er vorher war – weder im wörtlichen noch im übertragenen Sinn. Die Stadt hat den Wiederaufbau in Angriff genommen. Schulen, Straßen, Wohnhäuser – vieles wurde erneuert oder zumindest repariert. Auf den ersten Blick wirkt Butscha heute wie eine ruhige Kleinstadt.

Doch der Schmerz liegt tiefer.

Die Menschen, die zurückgekehrt sind, tragen Narben. Nicht alle sichtbar. Viele haben Angehörige verloren, Freunde, Nachbarn. Psychologische Hilfe ist gefragt – aber nicht immer verfügbar. Und das Vertrauen, das zerstört wurde, lässt sich nicht so einfach wieder aufbauen.

Zwischen Trauer, Wut und Hoffnung

Butscha ist heute mehr als nur ein geografischer Ort – es ist ein Symbol. Ein Mahnmal. Ein Spiegelbild für die Grausamkeit des Krieges.

Die Stadt erinnert uns daran, dass Kriegsverbrechen kein abstrakter Begriff sind. Dass es Gesichter, Namen, Geschichten sind, die dahinterstehen. Dass jedes Opfer eine Familie hatte, ein Leben, einen Traum. Und dass Gerechtigkeit nicht optional ist – sondern notwendig.

Gleichzeitig – und das mag paradox klingen – steht Butscha auch für Hoffnung. Für die Widerstandskraft einer Gemeinschaft, die sich nicht brechen ließ. Für Menschen, die trotz allem anpacken, aufbauen, weitermachen. Vielleicht nicht wie vorher, aber trotzdem.

Und jetzt?

Drei Jahre sind keine lange Zeit. Für Trauernde sowieso nicht. Und doch blickt Butscha nach vorn. Mit Bedacht, mit Vorsicht – aber mit Haltung.

Die juristische Aufarbeitung läuft. Manche Täter wurden bereits identifiziert, andere bleiben anonym. Doch die Hoffnung bleibt: Dass irgendwann auch auf der internationalen Bühne Verantwortung übernommen wird.

Und die Welt?

Die darf nicht wegsehen. Nicht vergessen. Denn wer schweigt, macht sich mitverantwortlich. Wer verdrängt, riskiert, dass sich Geschichte wiederholt.

Wer hätte vor drei Jahren gedacht, dass eine kleine Stadt wie Butscha zu einem der stärksten Symbole des Ukraine-Krieges wird?

Und doch – genau das ist geschehen.

Von C. Hatty

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