Tag & Nacht




Die Central Intelligence Agency (CIA) überrascht mit einem ungewöhnlichen Schritt: Zwei neue Videos, professionell produziert und in Mandarin verfasst, richten sich direkt an unzufriedene Mitglieder der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh). Ihr Ziel? Nicht weniger als neue Informanten in einem der am strengsten überwachten Länder der Welt zu rekrutieren.

Die Titel der Clips – „Warum ich die CIA kontaktierte: Um mein Schicksal selbst zu bestimmen“ und „Warum ich die CIA kontaktierte: Für ein besseres Leben“ – deuten an, wohin die Reise geht. Die kurzen, aber eindringlichen Filme erzählen fiktive Geschichten von Parteifunktionären, die sich von politischen Säuberungen, Kontrollwahn und enttäuschten Hoffnungen abwenden und ihre Zuflucht bei der CIA suchen.

Der geheime Plan hinter den Bildern

Diese Aktion kommt nicht aus dem Nichts. Die CIA versucht, ein Spionagenetzwerk in China wieder aufzubauen, das vor rund zehn Jahren zusammengebrochen war. Damals flogen zahlreiche chinesische Agenten auf, wurden verhaftet – viele von ihnen hingerichtet. Eine schwere Niederlage.

Jetzt also der Neuanfang – und zwar mit Mitteln, die eher an Hollywood erinnern als an klassische Spionagefilme. Emotional aufgeladene Szenen, dramatische Musik, durchdachte Drehbücher. Die Zielgruppe: KPCh-Mitglieder, die durch interne Säuberungsaktionen verunsichert sind. In den letzten Jahren wurden zahlreiche hohe Funktionäre und sogar Militärs wie General He Weidong ihrer Ämter enthoben oder inhaftiert.

Die Sprache der Unzufriedenheit

In den Clips kommen vermeintliche Parteimitglieder zu Wort, deren Karrieren zwar florieren – doch deren Vertrauen in das System bröckelt. „Ich steige auf, aber das Fundament unter meinen Füßen ist instabil“, sagt einer. Ein anderer klagt: „Die Versprechen unserer Führung sind nur noch leere Worte.“

Ganz am Ende wird’s technisch – die Zuschauer erhalten Hinweise, wie sie sicher Kontakt mit der CIA aufnehmen können, etwa über das Dark Web. Eine Mischung aus Propaganda und digitalem Handbuch.

Was steckt wirklich dahinter?

Hand aufs Herz: Wer würde in einem autoritären Regime wie China freiwillig ein CIA-Video anschauen – geschweige denn Kontakt aufnehmen? Die chinesischen Überwachungsbehörden sind wachsam, die Strafen für Spionage drakonisch. Und trotzdem: Die CIA setzt genau hier an, hofft auf Risse im System und auf das Bedürfnis nach Veränderung im Verborgenen.

Solche Maßnahmen erinnern an psychologische Kriegsführung. Es geht nicht nur um Fakten, sondern um Gefühle – um das Spiel mit Unsicherheit, Hoffnung und Angst. Genau diese emotionale Tiefe macht die Videos so bemerkenswert. Und sie markieren einen Wendepunkt in der Kommunikation von Geheimdiensten: Weg vom kalten Analytiker – hin zum einfühlsamen Geschichtenerzähler.

Wie reagiert Peking?

Bislang gibt es keine offiziellen Statements. Doch dass China wenig begeistert sein dürfte, versteht sich von selbst. Die Führung hat die Gesetze zur Spionageabwehr in den letzten Jahren verschärft, der Bevölkerung wird regelmäßig eingebläut, verdächtiges Verhalten sofort zu melden. Die Veröffentlichung dieser Clips könnte als gezielte Provokation verstanden werden – und als Einladung zum Gegenschlag.

Hollywood trifft auf Hochsicherheit

Was hier passiert, ist eine neue Form der Informationskriegsführung. Sie spielt mit Emotionen, nutzt die Macht moderner Medien und öffnet Türen – zumindest in der Theorie – für Menschen, die sich vom politischen System betrogen fühlen. Ob das alles fruchtet?

Das bleibt abzuwarten.

Die Videos sind inzwischen auf den Social-Media-Plattformen der CIA zu sehen – darunter auch YouTube und Instagram. Ob sich tatsächlich Parteimitglieder in Peking, Shanghai oder Wuhan auf diese Initiative einlassen, ist allerdings fraglich. Der Preis für einen solchen Schritt ist hoch – vielleicht zu hoch.

Und dennoch: Die CIA hat es geschafft, weltweit Aufmerksamkeit zu erzeugen. Und das auf eine Weise, die eher an Netflix erinnert als an klassische Geheimdienstarbeit. Hollywood lässt grüßen.

Von C. Hatty

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