Tag & Nacht




Der 31. März – ein scheinbar beliebiger Tag im Kalender, doch bei genauerem Hinsehen zeigt sich: Dieses Datum hat es in sich. Ob im mittelalterlichen Europa, in der modernen Welt oder in dramatischen Momenten des 20. Jahrhunderts – der letzte Tag im März war oft ein Knotenpunkt der Geschichte. Was also geschah an einem 31. März? Und warum lohnt es sich, genau hinzusehen?

1492: Die Vertreibung beginnt

Am 31. März 1492 unterzeichnen Isabella von Kastilien und Ferdinand von Aragon das sogenannte Alhambra-Edikt. Es markiert den Beginn der systematischen Vertreibung der jüdischen Bevölkerung aus Spanien. Entweder Bekehrung zum Christentum – oder Exil. Hunderttausende verloren ihre Heimat, viele flohen ins Osmanische Reich oder nach Nordafrika. Spanien verlor mit ihnen nicht nur Menschen, sondern auch Wissen, Kultur und wirtschaftliche Vielfalt. Die Folgen? Bis heute spürbar – vor allem, wenn man die kulturelle Blütezeit des mittelalterlichen Spaniens mit der intellektuellen Dürre danach vergleicht.

1889: Stahlriese mit Aussicht

Was heute als Symbol französischer Eleganz gilt, war einst ein gewagter Klotz aus Eisen: der Eiffelturm. Am 31. März 1889 war es so weit – Gustave Eiffel bestieg sein eigenes Meisterwerk zur offiziellen Eröffnung. 300 Meter ragt er in den Pariser Himmel, gebaut für die Weltausstellung. Damals? Ein Skandal. Heute? Der Inbegriff von Paris. Wie wandelbar Wahrnehmung doch ist – erst verlacht, dann verehrt.

1905: Kaiser Wilhelm in Tanger

Ein deutscher Kaiser in Marokko – was sollte da schon schiefgehen? Eine ganze Menge. Am 31. März 1905 betrat Wilhelm II. demonstrativ die nordafrikanische Stadt Tanger und sprach sich gegen französischen Einfluss in Marokko aus. Die Folge war ein diplomatischer Flächenbrand: Frankreich, Großbritannien und Deutschland rutschten immer tiefer in gegenseitiges Misstrauen. Die Spannungen, die sich hier entluden, waren ein weiterer Baustein auf dem Weg zum Ersten Weltkrieg. Und ganz ehrlich: Es war kein besonders geschickter Auftritt.

1933: Der lange Arm Berlins

Im nationalsozialistischen Deutschland wird der 31. März 1933 zum Meilenstein der Gleichschaltung. Ein neues Gesetz hebelt die föderale Struktur der Weimarer Republik aus – die Länder verlieren ihre Selbstständigkeit. Stattdessen kontrollieren „Reichsstatthalter“ künftig das politische Geschehen in den Regionen. Es ist ein weiterer Schritt in Richtung totalitärer Macht. Der zentrale Staat verdrängt die Vielfalt – mit schwerwiegenden Konsequenzen. Föderalismus, wie wir ihn heute kennen, war damit fürs Erste passé.

1959: Dalai Lama flieht nach Indien

Am 31. März 1959 überschreitet der Dalai Lama die Grenze nach Indien. Im Gepäck: nichts weniger als das spirituelle Erbe Tibets – und ein riesiges politisches Problem für die Volksrepublik China. Die Flucht folgt auf einen blutig niedergeschlagenen Aufstand in Lhasa. In Indien gründet der Dalai Lama eine Exilregierung, die bis heute existiert. Tibet bleibt besetzt, doch der 31. März wurde zum Symbol des Widerstands – und zum Beginn eines langen Exils, das bis heute andauert.

1960: Popcorn, Motorhaube, Hollywood

Ein kleiner Kulturschock im Nachkriegsdeutschland: Am 31. März 1960 eröffnet bei Frankfurt am Main das erste Autokino Deutschlands. Ein importiertes Lebensgefühl aus den USA – Freiheit, Romantik, Motoren. Für viele ein magischer Moment. Und doch: Nicht nur ein Ort für Filmromantik, sondern auch ein Ort des gesellschaftlichen Wandels. Denn das Autokino war Ausdruck neuer Lebensstile, neuer Freizeitkulturen – und eines wachsenden Bedürfnisses nach Individualität.

1970: Tod eines Diplomaten

Ein düsteres Kapitel der Diplomatie: Am 31. März 1970 endet das Leben von Karl Graf von Spreti, dem deutschen Botschafter in Guatemala. Nach einer Entführung durch Guerillakämpfer wird er ermordet. Die Regierung Guatemalas hatte sich geweigert, Forderungen nachzugeben – ein moralisch und politisch schwieriger Präzedenzfall. Der Tod Spreti rüttelte die Öffentlichkeit auf und zeigte, wie gefährlich diplomatische Missionen sein können, vor allem in instabilen Regionen.

1991: Georgiens Schritt in die Unabhängigkeit

Was in den 80er Jahren langsam brodelte, wurde am 31. März 1991 Realität: Georgien stimmt in einem Referendum mit überwältigender Mehrheit für die Unabhängigkeit von der Sowjetunion. Der kleine Kaukasus-Staat war damit eines der ersten Länder, das den Mut hatte, sich aus dem sowjetischen Machtbereich zu lösen. Die Euphorie war groß, doch der Weg danach? Holprig, konfliktgeladen, von Bürgerkriegen und russischem Einfluss geprägt. Heute kämpft Georgien weiter – um Demokratie, Unabhängigkeit und eine europäische Perspektive.

2010: Serbiens schwerer Schritt

Am 31. März 2010 verabschiedet das serbische Parlament eine Resolution, die das Massaker von Srebrenica verurteilt – eines der schlimmsten Kriegsverbrechen in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg. Über 8000 bosnische Muslime waren 1995 von serbischen Einheiten ermordet worden. Die Resolution bedeutete kein Eingeständnis von „Völkermord“, aber doch ein symbolischer Akt der Reue. Schwer errungen, heftig diskutiert, und ein Schritt – wenn auch ein kleiner – in Richtung Versöhnung auf dem Balkan.

Was bleibt vom 31. März?

Man könnte sagen: ein wilder Mix. Große Bauwerke, tragische Fluchten, politische Umbrüche, diplomatische Krisen – alles dabei. Aber vielleicht zeigt genau das, wie lebendig Geschichte ist. Der 31. März ist kein roter Teppich der Helden oder Katastrophen – er ist ein Spiegel menschlichen Handelns. Und er erinnert uns daran, dass selbst ein unscheinbarer Frühlingstag Spuren hinterlassen kann, die Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte später noch nachwirken.

Und mal ehrlich: Wer hätte gedacht, dass sich hinter diesem Datum so viele Geschichten verstecken?

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