Tag & Nacht






Donald Trump hat den freien Journalismus im Visier – und wenn niemand ihn aufhält, könnte er ihn weitgehend zerstören. Seine jüngsten Angriffe auf Medien sind Teil eines größeren Plans: die Einschränkung der Bürgerrechte für alle, die nicht mit ihm übereinstimmen.

Die Presse aus dem Weißen Haus verbannt

Ein beispielloses Beispiel für diese Entwicklung war kürzlich bei der Begegnung zwischen Trump und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zu beobachten. Während traditionsreiche Nachrichtenagenturen wie Associated Press und Reuters aus dem Oval Office ausgeschlossen wurden, durfte ein Korrespondent des russischen Staatsmediums Tass anwesend sein – wenn auch nur kurz.

Stattdessen lud das Weiße Haus eigene, wohlgesinnte Medienvertreter ein, darunter Brian Glenn vom Trump-nahen Sender Real America’s Voice – zufällig auch der Lebensgefährte der republikanischen Abgeordneten Marjorie Taylor Greene. Seine erste Frage an Selenskyj? Warum er keinen Anzug trage.

Ein weiterer Reporter aus dem Lager der Trump-treuen Medien, diesmal von One America News, lobte Trump für seinen „Mut“ und fragte ihn, was ihn dazu bewegt habe, Gespräche mit Wladimir Putin über den Ukraine-Krieg aufzunehmen – etwas, das vorherige Präsidenten angeblich „nicht die Überzeugung“ gehabt hätten zu tun. Trumps Antwort? „Ich liebe diesen Typen. One America News macht einen großartigen Job.“

So sieht es aus, wenn eine Regierung entscheidet, welche Reporter Zugang zum Präsidenten bekommen: ein reines Schaulaufen für Propaganda.

Ein Frontalangriff auf den Ersten Verfassungszusatz

Die US-Verfassung ist unmissverständlich: „Der Kongress darf kein Gesetz erlassen, das die Meinungs- oder Pressefreiheit einschränkt.“

Trump sieht das offenbar anders. „Vielleicht schaffen wir ein schönes, NEUES GESETZ!!!“, schrieb er kürzlich auf seiner Plattform Truth Social und schlug vor, es Journalisten zu verbieten, anonyme oder „off the record“ Quellen zu nutzen – ein wesentlicher Bestandteil der investigativen Berichterstattung. Diese Quellen seien „erfundene, verleumderische Fiktion“ und sollten „teuer bezahlt“ werden, so Trump.

Thomas Jefferson sagte einst: „Unsere Freiheit hängt von der Pressefreiheit ab – und wenn diese eingeschränkt wird, ist sie verloren.“ Doch genau das versucht Trump mit einer Vielzahl von Maßnahmen:

  • Sein handverlesener FCC-Vorsitzender (die US-Medienaufsicht) hat Ermittlungen gegen ABC, NBC, CBS, PBS, NPR und weitere Sender eingeleitet oder angedroht.
  • Die US-Staatsanwaltschaft in Washington, D.C. hat angedeutet, dass sie Journalisten verfolgen könnte, die die Arbeit von Elon Musk und seinen Regierungskontakten „behindern“.
  • Trump selbst überzieht Medienhäuser wie ABC, CBS oder die Des Moines Register mit Klagen – häufig haltlos, aber kostspielig.
  • Pro-demokratische Medienprojekte in Ländern wie Kuba, Iran und der Ukraine wurden finanziell ausgehungert.
  • Regierungsbehörden mussten ihre Abonnements bei kritischen Medien wie die New York Times und Politico kündigen.
  • Trump nennt NBC und MSNBC eine „illegale Propagandaorganisation der Demokraten“ und fordert drakonische Geldstrafen für deren Berichterstattung.

Selbst Elon Musk trägt seinen Teil bei: Er forderte lange Haftstrafen für 60 Minutes-Journalisten, weil sie ein Interview mit Kamala Harris veröffentlicht hatten, und verlangte die Entlassung eines Wall Street Journal-Reporters, der rassistische Äußerungen eines Musk-Mitarbeiters enthüllt hatte.

Eine Regierung, die die Presse nach Gutdünken besetzt

Trumps Eingriffe gehen noch weiter. Er hat die Kontrolle über den sogenannten „Press Pool“ übernommen – die kleine Gruppe von Reportern, die direkten Zugang zum Präsidenten hat. Normalerweise entscheiden Journalistenverbände, wer dazugehört, doch Trump hat diese Praxis umgestoßen. Das Ergebnis? Regierungsnahe Medien erhalten privilegierten Zugang, während kritische Journalisten ausgeschlossen werden.

Die Associated Press wurde aus dem Weißen Haus und von Air Force One verbannt – offiziell, weil sie sich weigerte, den Golf von Mexiko in „Golf von Amerika“ umzubenennen. Eine absurde Maßnahme, doch im Weißen Haus feierte man es mit Postern, auf denen „SIEG über die AP“ stand.

Trump hat auch die Kontrolle über Voice of America übernommen und mit Kari Lake eine stramme Anhängerin zur Chefin des Senders gemacht. In einem ersten Schritt wurde ein erfahrener Reporter suspendiert, weil er auf Twitter eine Aussage postete, die Trump nicht passte.

Pressefreiheit ist nicht selbstverständlich

Während Trump sein Vorgehen eskaliert, geben einige Medienhäuser unter dem Druck nach. Disney zahlte im Dezember 15 Millionen Dollar an Trump, um eine Verleumdungsklage zu vermeiden. Meta überwies im Januar 25 Millionen Dollar, um einen Streit über Trumps frühere Facebook-Sperre beizulegen. CBS befindet sich in Vergleichsverhandlungen, weil Trump die Bearbeitung eines 60 Minutes-Interviews als unfair empfindet.

Gleichzeitig führt die Trump-Regierung Überprüfungen von Nachrichtenorganisationen durch, um sie unter Druck zu setzen. Der neue FCC-Vorsitzende Brendan Carr untersucht gezielt NBC, NPR und PBS – während konservative Medien verschont bleiben.

Ein weiteres alarmierendes Signal: Trumps Regierung arbeitet daran, die rechtlichen Schutzmechanismen für Journalisten abzuschaffen. Laut Projekt 2025 – einem Strategiepapier für seine zweite Amtszeit – sollen Staatsanwälte künftig die Befugnis haben, Journalisten wegen geheimer Quellen oder Leaks zu verfolgen. Das könnte bedeuten, dass investigative Reporter unter dem Espionage Act von 1917 strafrechtlich belangt werden – ein direkter Angriff auf den Journalismus.

Kampf für eine freie Presse

In diesem zunehmend feindlichen Klima stehen Journalisten, Medienhäuser und Leser vor einer entscheidenden Herausforderung: Trump will eine Medienlandschaft schaffen, die nur noch seine Sicht der Dinge wiedergibt.

Rechtsprofessorin Rebecca Hamilton sieht nur einen Weg, diesen Trend aufzuhalten: Medienhäuser müssen strategisch klagen, Journalisten müssen weiterhin mutig berichten, und die Öffentlichkeit muss begreifen, dass Pressefreiheit ein Grundpfeiler der Demokratie ist.

Das mag viel verlangt sein – aber ohne diesen Kampf könnte eine unabhängige Presse in den USA bald Geschichte sein.

Catherine H.

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