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Die geopolitische Ausrichtung der Vereinigten Staaten unter Präsident Donald Trump erfährt eine erneute Anpassung, diesmal in Form eines Rohstoffabkommens mit der Ukraine. Das geplante Abkommen soll Washington teilweise Zugang zu den natürlichen Ressourcen des osteuropäischen Landes gewähren. Nach Wochen diplomatischer Spannungen und erheblichem Druck seitens der Trump-Regierung scheint Kiew nun bereit, einer solchen Vereinbarung zuzustimmen.

Ein wirtschaftlicher Interessensausgleich oder politischer Druck?

Das Abkommen könnte als eine strategische Kehrtwende betrachtet werden, nachdem Trump die Ukraine wiederholt kritisierte und sogar öffentlich in Frage stellte, ob die USA weiterhin uneingeschränkt militärische Hilfe leisten sollten. Laut Trumps Darstellung ist es an der Zeit, dass sich amerikanische Investitionen und Hilfsleistungen in Form von wirtschaftlichem Gewinn für die USA auszahlen. Die Verhandlungen stehen somit exemplarisch für eine neue, transaktionale Außenpolitik, die der US-Präsident propagiert: Wirtschaftliche Interessen stehen über moralischen oder strategischen Erwägungen.

Trump hat die Ukraine in der Vergangenheit scharf kritisiert und Präsident Wolodymyr Selenskyj als „Diktator“ bezeichnet. Zudem stellte er sich bei einer Abstimmung in der UN-Generalversammlung auf die Seite Russlands, indem die USA gegen eine Resolution stimmten, die Moskaus Angriffskrieg verurteilte. Auch sein Drängen auf eine Friedenslösung im Ukraine-Krieg mit minimalen Konzessionen von Wladimir Putin zeigt, dass Trump bereit ist, eine neue Balance in den internationalen Beziehungen zu schaffen – eine, in der die Ukraine nicht mehr bedingungslos mit der Unterstützung Washingtons rechnen kann.

Die wirtschaftliche Dimension des Abkommens

Das von Trump angestrebte Rohstoffabkommen mit der Ukraine beruht auf einer Idee, die ursprünglich von Selenskyj selbst ins Spiel gebracht wurde. Kiew sah die unerschlossenen Bodenschätze des Landes als potenzielle Möglichkeit, die Kriegskosten zu decken. Doch die Verhandlungen nahmen eine unerwartete Wendung, als US-Finanzminister Scott Bessent im Namen der Trump-Regierung eine weitreichendere Forderung vorlegte: uneingeschränkten Zugang zu ukrainischen Ressourcen, ohne dass Kiew klare Gegenleistungen erhält.

Dieser Vorstoß wurde in der Ukraine zunächst als inakzeptabel empfunden, erinnerte er doch an koloniale Ressourcenausbeutung. Doch nach mehreren Tagen intensiver Gespräche scheinen die ukrainischen Unterhändler nun bereit, eine modifizierte Version des Deals zu akzeptieren, die den USA zwar erheblichen Zugang zu ukrainischen Bodenschätzen gewährt, jedoch unter verbesserten Bedingungen im Vergleich zur ursprünglichen US-Forderung.

Trump selbst kommentierte die Verhandlungen mit gewohnt markanten Worten: „Es könnte ein Billionen-Dollar-Deal werden. Es geht um seltene Erden und andere Rohstoffe. Wir wollen unser Geld zurück, denn wir haben der Ukraine durch eine wirklich große Krise geholfen.“ Damit macht der US-Präsident deutlich, dass aus seiner Sicht künftige amerikanische Hilfsleistungen an wirtschaftliche Vorteile für die USA gekoppelt sein müssen.

Eine neue Form der US-Außenpolitik

Trumps transaktionale Herangehensweise an internationale Beziehungen wird auch in der Art und Weise deutlich, wie die Ukraine gedrängt wurde, dem Deal zuzustimmen. Indem er die US-Unterstützung für Kiew offen infrage stellte und gleichzeitig Friedensgespräche mit Putin initiierte, erhöhte Trump den Druck auf Selenskyj. Das Ziel: Die Ukraine sollte sich bewusst werden, dass ihre zukünftige Sicherheit nicht mehr selbstverständlich von den USA garantiert wird.

Trumps Berater und Verhandlungsführer, darunter der pensionierte General Keith Kellogg, führten in den vergangenen Wochen intensive Gespräche mit der ukrainischen Regierung. Die dabei entstandene Rahmenvereinbarung sieht vor, dass Washington Zugang zu ukrainischen Rohstoffen erhält – jedoch nicht unter den zunächst von Trump verlangten Konditionen.

Selenskyj lehnte es kategorisch ab, die Ressourcen seines Landes als direkte Rückzahlung für US-Hilfen zu verpfänden. Er machte klar, dass ein solcher Deal nicht auf Kosten zukünftiger Generationen der Ukrainer gehen dürfe. Doch das nun vorliegende Abkommen zeigt, dass Trump weiterhin einen „Return on Investment“ für die Milliardenhilfe an Kiew einfordert – ein Prinzip, das künftig auch auf andere internationale Partnerschaften angewendet werden könnte.

Ein Präzedenzfall für künftige Deals?

Das Abkommen mit der Ukraine ist mehr als nur eine bilaterale Wirtschaftsvereinbarung – es markiert einen Paradigmenwechsel in der US-Außenpolitik. Unter Trump wird die bisherige Praxis, strategische Partner aus ideologischen oder sicherheitspolitischen Gründen zu unterstützen, durch einen rigorosen ökonomischen Kalkül ersetzt.

Die Ukraine steht damit vor einem Dilemma: Einerseits benötigt sie weiterhin die Unterstützung der USA, insbesondere angesichts der ungewissen Entwicklungen an der Front. Andererseits droht eine zunehmende wirtschaftliche Abhängigkeit, die Kiews langfristige Souveränität gefährden könnte.

Das Abkommen könnte zudem Signalwirkung für andere Länder haben. Wenn die USA künftig grundsätzlich darauf bestehen, dass finanzielle oder militärische Hilfe mit wirtschaftlichen Gegenleistungen verbunden sein muss, könnte dies das gesamte Gefüge der internationalen Beziehungen verändern. Insbesondere Europa wird sich fragen müssen, ob und wie es auf eine solche Neuausrichtung reagieren kann.

Ob das Rohstoffabkommen zwischen den USA und der Ukraine tatsächlich zustande kommt, bleibt abzuwarten. Doch eines ist sicher: Es symbolisiert eine neue Ära der amerikanischen Außenpolitik, in der nationale Interessen und wirtschaftliche Profite an erster Stelle stehen.

Von Andreas Brucker

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