Tag & Nacht


Zweieinhalb Jahre. So lange sitzt der Franzose Tom Félix nun schon in einem malaysischen Gefängnis – eingesperrt mit über dreißig weiteren Männern in einer überfüllten Zelle im Bundesstaat Perlis, weit weg von seiner Heimat, seiner Familie, seinem früheren Leben.

An diesem Donnerstag, mitten in der Nacht um zwei Uhr Pariser Zeit, soll nun endlich sein Prozess beginnen. Zum vierten Mal. Denn schon dreimal wurde der Verhandlungstermin zuvor verschoben. Und selbst jetzt ist ungewiss, ob das Verfahren tatsächlich stattfindet – oder ob sich die Spirale der Verzögerungen weiterdreht.

Ein Leben in der Warteschleife.

Tom Félix stammt aus Saône-et-Loire, einer ruhigen Region im Osten Frankreichs. Vor seiner Verhaftung lebte er auf der malaysischen Insel Langkawi, plante dort ein kleines ökologisches Resort – ein Traum zwischen Palmen, Nachhaltigkeit und Selbstverwirklichung. Doch dieser Traum platzte jäh, als die Polizei im August 2023 seine Wohnung durchsuchte.

Cannabis, mehrere Hundert Gramm. Genug, um in Malaysia nicht bloß des Besitzes, sondern des Drogenhandels beschuldigt zu werden. Und auf genau diese Anklage steht dort: die Todesstrafe.

Seit diesem Tag ist nichts mehr, wie es war. Nicht für ihn, nicht für seine Eltern, die heute in Singapur leben und ihren Sohn einmal im Monat besuchen – zwischen vergitterten Mauern, scharfen Kontrollen und Gesprächen durch dicke Glasscheiben. Ihre Stimme ist leise geworden, aber nicht leiser. Sie kämpfen.

„Wir müssen das Untragbare ertragen“, sagt seine Mutter. Und man hört darin nicht nur die Verzweiflung, sondern auch eine Entschlossenheit, die weit über juristische Hoffnung hinausreicht.

Denn Tom Félix beteuert seit Beginn seine Unschuld. Und auch sein damaliger Mitbewohner hat längst ausgesagt, dass das gefundene Cannabis nicht Tom gehörte. Für die Familie ist klar: Er ist zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen – ein Opfer einer überharten Drogenpolitik.

Und tatsächlich kennt Malaysia keine Gnade, wenn es um Rauschgift geht. Die Gesetze sind scharf, die Urteile erbarmungslos. Bereits Mengen ab 200 Gramm Cannabis können als Drogenhandel gewertet werden. Wer dann keine entlastenden Beweise vorlegen kann – oder schlicht kein Vertrauen in ein funktionierendes Verfahren hat – steht mit dem Rücken zur Wand.

Tom Félix steht dort schon lange.

Seine Zelle teilt er mit dreißig, manchmal bis zu siebenunddreißig anderen Männern. Es gibt keine Betten, nur den Boden. Es gibt kaum Privatsphäre, keine Ruhe. Die sanitären Einrichtungen sind rudimentär, die Luft stickig, die Tage gleichförmig. Nur das Licht, das durch die kleinen Fenster fällt, verändert sich. Das, und die Hoffnung.

Ein französischer Konsularbeamter wird zum Prozessbeginn anwesend sein – ein diplomatisches Zeichen. Auch das Auswärtige Amt beobachtet den Fall. Doch das Schicksal des jungen Franzosen liegt in den Händen eines Gerichtes, das bislang wenig Eile, aber umso mehr Härte erkennen ließ.

Der Fall Tom Félix ist kein Einzelfall – und doch steht er für mehr als nur ein Justizdrama. Er zeigt, wie fragil Freiheit sein kann, wenn sie auf internationales Recht trifft, das kaum Raum für Zweifel lässt. Er zeigt auch, wie Familien über Jahre hinweg an der Ohnmacht wachsen, ohne daran zu zerbrechen.

„Wir haben keine Wahl“, sagt seine Mutter. „Wir müssen laut bleiben.“

Ein Satz wie ein Mantra – für ihren Sohn, für ihre Überzeugung, für die Menschlichkeit.

Von C. Hatty

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