Tag & Nacht




Am 28. März 2025 bebte die Erde – gewaltig. Ein Erdbeben der Magnitude 7,7 traf den Südosten Myanmars mit voller Wucht. Das Epizentrum lag nur rund 16 Kilometer nordwestlich der Stadt Sagaing, in gerade einmal zehn Kilometern Tiefe. Diese Kombination – starke Magnitude und geringe Tiefe – lässt erahnen, warum die Erschütterungen so weitreichende Folgen hatten. Und das nicht nur lokal. Das Beben war in mehreren Ländern spürbar, selbst in Megametropolen wie Bangkok.

Was passiert mit einer Stadt, wenn die Erde plötzlich unter den Füßen tanzt?

In Thailands Hauptstadt – ein brodelnder Moloch mit über 17 Millionen Menschen – brach Chaos aus. Die Erschütterungen hielten Minuten an. Menschen flüchteten panisch aus Büros, Hotels und Hochhäusern. Vor allem im belebten Geschäftsviertel Silom strömten die Menschen auf die Straßen. Evakuierungen, Schock, Unsicherheit – manch einer dachte wohl an das Schlimmste.

Obwohl es in Bangkok selbst bislang keine Berichte über ernsthafte Schäden oder Verletzte gibt, war das Beben deutlich zu spüren. Gebäude schwankten, Wasser schwappte aus Pools, die Infrastruktur stand auf dem Prüfstand. Für viele war es ein unheimlicher, fast surrealer Moment – als ob die Stadt für einen kurzen Moment stillstand.

In Chatuchak bei Bangkok allerdings stürzte ein im Bau befindliches Hochhaus komplett ein und begrub etwa 45 Arbeiter unter sich:

Nicht glimpflich verlief es offenbar auch in Myanmar selbst. Erste Berichte sprechen von eingestürzten Gebäuden, besonders in Mandalay. Trümmer blockieren Straßen, Menschen suchen Zuflucht im Freien, Rettungsteams sind pausenlos im Einsatz. Ein Augenzeuge schilderte, wie ein fünfstöckiges Gebäude direkt vor seinen Augen in sich zusammenfiel – ein Bild, das sich tief einprägt.

Angaben über Verletzte oder gar Todesopfer sind noch nicht bestätigt. Aber eins ist klar: Die Lage ist angespannt, die Informationslage unübersichtlich. In solchen Momenten zählt jede Minute.

Auch in anderen Teilen Südostasiens war das Beben deutlich spürbar – bis nach China und Indien reichten die seismischen Wellen. In Thailand reagierte die Regierung prompt. Premierminister Paetongtarn Shinawatra rief eine Dringlichkeitssitzung ein. Ziel: Eine schnelle Bewertung der Lage und ein abgestimmtes Krisenmanagement.

Diese rasche Reaktion zeigt, wie wichtig koordinierte Maßnahmen im Katastrophenfall sind. Denn Naturgewalten kennen keine Grenzen.

Erdbeben in Südostasien sind kein neues Phänomen. Die Region liegt auf einem Geflecht aktiver tektonischer Platten – der sogenannten Sunda-Platte, die an mehrere andere stößt. An diesen Bruchzonen bauen sich Spannungen auf, die sich irgendwann entladen müssen. Und das passiert leider nicht selten heftig.

Wer erinnert sich nicht an das verheerende Beben von 2004 vor der Küste Sumatras? Damals löste das Erdbeben einen Tsunami aus, der Hunderttausende das Leben kostete – eine der schlimmsten Naturkatastrophen unserer Zeit.

Diese historischen Ereignisse werfen eine unangenehme, aber drängende Frage auf: Wie gut sind wir heute auf solche Katastrophen vorbereitet?

In vielen Ländern fehlen noch immer umfassende Frühwarnsysteme. Besonders in ländlichen Gebieten – dort, wo Infrastruktur und Ressourcen schwach sind – bleiben oft nur wenige Minuten zur Flucht. Und wenn die Information zu spät kommt oder nicht ankommt, kann das fatale Folgen haben.

Dabei gibt es längst Technologien, die helfen könnten. Sensorennetzwerke, Satellitenüberwachung, seismische Frühwarnsysteme – wenn richtig eingesetzt, könnten sie viele Leben retten. Aber das allein reicht nicht.

Katastrophenschutz ist mehr als Technik. Es geht auch um Bildung, um soziale Gerechtigkeit, um die Stärkung der Schwächsten.

Denn wer lebt in den gefährdeten Gebieten? Wer wohnt in instabilen Gebäuden? Wer kann sich ein sicheres Zuhause leisten – und wer nicht?

Gerade in Myanmar trifft es oft die Armen am härtesten. Ihre Häuser sind nicht erdbebensicher, sie haben keinen Zugang zu Notfallplänen oder Schutzräumen. Eine gerechte Katastrophenvorsorge muss auch diesen Menschen helfen – sonst bleibt sie ein leeres Versprechen.

Die Ereignisse vom 28. März zeigen brutal deutlich, wie verwundbar ganze Gesellschaften sein können. Aber sie zeigen auch, was möglich ist, wenn Staaten schnell und entschlossen handeln.

In Bangkok verlief alles relativ glimpflich – dank moderner Bauweise, schneller Kommunikation und geübter Notfallpläne. Warum sollte das nicht auch anderswo klappen?

Zugegeben, manchmal fällt es schwer, nicht frustriert zu sein. Die Daten liegen auf dem Tisch, die Gefahren sind bekannt, die Lösungen wären da. Und doch fehlt oft der politische Wille, sie konsequent umzusetzen.

Aber man darf die Hoffnung nicht aufgeben. Denn jedes funktionierende Frühwarnsystem, jedes Kind, das in der Schule über Erdbeben unterrichtet wird, jeder Politiker, der Katastrophenvorsorge ernst nimmt – das alles sind Bausteine für eine sicherere Zukunft.

Und vielleicht war dieses Beben ein weiterer Weckruf.

Ein Signal, das uns sagt: Jetzt handeln, nicht später. Jetzt investieren – in Sicherheit, in Gerechtigkeit, in Zusammenhalt. Denn Naturkatastrophen werden kommen. Die Frage ist nur: Wie gut sind wir vorbereitet?

Von Andreas M. Brucker

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