Ein Lichtstrahl in einem dunklen Kapitel des Nahostkonflikts: Am Morgen des 13. Oktober 2025 haben sieben israelische Geiseln nach zwei Jahren Gefangenschaft im Gazastreifen wieder israelischen Boden unter den Füßen – und die Welt hält den Atem an.
Es sind Namen, die nun mit Hoffnung verknüpft werden: Eitan Mor, Gali und Ziv Berman, Matan Engrast, Omri Miran, Guy Gilboa-Dalal und Alon Ahel. Sie gehören zu den ersten lebenden Geiseln, die im Rahmen eines umfassenden Waffenstillstandsabkommens zwischen Israel und der Hamas an das Internationale Rote Kreuz übergeben wurden.
Insgesamt sollen laut dem aktuellen Abkommen 48 israelische Geiseln freikommen – davon sind noch 20 am Leben. Ihre Freilassung soll im Laufe des Tages erfolgen. Im Gegenzug verpflichtet sich Israel zur Entlassung von 250 palästinensischen Häftlingen, die aus „Sicherheitsgründen“ festgehalten wurden. Doch erst wenn alle Geiseln übergeben sind, werden auch diese Freilassungen erfolgen.
Emmanuel Macron reagierte noch am frühen Morgen auf X mit klaren Worten: „Mit ihrer Freilassung und der der anderen Geiseln heute Morgen wird der Frieden möglich – für Israel, für Gaza und für die gesamte Region.“
Ein Satz, der für viele mehr ist als diplomatische Rhetorik. Denn er bringt auf den Punkt, worauf die Welt seit Jahren wartet: einen echten, dauerhaften Frieden im Nahen Osten.
Doch was macht diesen Moment so besonders?
Zum einen ist es die Symbolik. Zwei Jahre nach dem verheerenden Angriff der Hamas auf israelisches Gebiet am 7. Oktober 2023, bei dem Hunderte Menschen getötet und dutzende Geiseln verschleppt wurden, beginnt nun womöglich ein neuer Abschnitt. Damals löste das Massaker einen langanhaltenden Gegenschlag der israelischen Armee aus, mit Zehntausenden Toten im Gazastreifen – ein Kreislauf der Gewalt, der nun vielleicht durchbrochen wird.
Zum anderen ist es die politische Dimension. In Charm El-Cheikh, Ägypten, findet parallel ein historischer Friedensgipfel statt. Gastgeber sind der ägyptische Präsident Abdel Fattah al-Sissi und der US-Präsident Donald Trump. Emmanuel Macron ist ebenso vor Ort wie Vertreter aus über 20 weiteren Ländern. Ziel: die Unterzeichnung eines Dokuments, das „den Krieg in Gaza offiziell beendet“.
Ein mutiger Schritt – und ein diplomatisches Manöver mit vielen offenen Fragen.
Noch ist unklar, wie stabil dieser Waffenstillstand tatsächlich ist. Die israelische Armee hat sich laut eigenen Angaben auf vereinbarte Linien innerhalb Gazas zurückgezogen. Der Chef des israelischen Generalstabs, Eyal Zamir, spricht sogar von einem „Sieg über die Hamas“ – militärisch wie diplomatisch. Eine Aussage, die Zuversicht vermitteln soll, aber auch Erwartungen schürt.
Gleichzeitig ist die Lage vor Ort angespannt. In Tel Aviv versammeln sich Angehörige der noch verbliebenen Geiseln auf der symbolträchtigen „Platz der Geiseln“. Dort, wo monatelang Proteste gegen die israelische Regierung stattfanden, herrscht heute vor allem eines: gespannte Hoffnung.
Denn noch sind nicht alle in Sicherheit.
Die Namen der 20 noch lebenden Geiseln wurden von den al-Qassam-Brigaden, dem bewaffneten Flügel der Hamas, in einem offiziellen Kommuniqué veröffentlicht. Ihre Übergabe an die Rotkreuz-Mitarbeiter soll in einer einzigen, koordinierten Aktion erfolgen. Von dort werden sie in die von Israel kontrollierten Gebiete Gazas gebracht – ein logistisches Nadelöhr in einem von Zerstörung gezeichneten Landstrich.
Was passiert, wenn der Austausch gelingt?
Dann könnten neue Gespräche über langfristige Lösungen beginnen – über einen Wiederaufbau des Gazastreifens, über einen politischen Dialog zwischen Israel und Palästina, über eine Zwei-Staaten-Lösung, die seit Jahren wie ein ferner Traum wirkt. Vielleicht – und das ist kein kleines Vielleicht – beginnt hier ein Wandel, der lange und schmerzlich überfällig ist.
Doch der Weg dorthin bleibt steinig.
Vertrauen muss wachsen, Misstrauen abgebaut werden. Opfer, auf beiden Seiten, dürfen nicht vergessen werden. Und die politischen Akteure müssen mehr bieten als schöne Worte – sie müssen handeln.
Die Welt blickt gespannt nach Gaza, Tel Aviv und Charm El-Cheikh.
Es ist ein Tag, der Geschichte schreiben könnte.
Oder?
Von Andreas M. Brucker
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