Tag & Nacht




Das Thermometer lügt nicht. Europa schwitzt, und zwar heftig. Seit den 1980er Jahren steigen hier die Temperaturen doppelt so schnell wie im globalen Schnitt. Doppelt! Das klingt nicht nur dramatisch – das ist dramatisch. Und es hat Folgen, die uns alle betreffen. Mensch, Tier, Natur – niemand bleibt verschont.


Wenn der Sommer zur Bedrohung wird

2024 war das heißeste Jahr in Europa seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Klingt wie ein Satz aus einem Katastrophenfilm, ist aber Realität. Wir sprechen von einem Kontinent, auf dem Städte glühen, Wälder brennen und Flüsse versiegen.

Über 400.000 Menschen waren im letzten Jahr direkt von extremen Wetterereignissen betroffen. Hitzewellen, Überschwemmungen, verheerende Brände – in manchen Regionen brannte die Erde, wortwörtlich. In Portugal etwa verwandelten sich innerhalb einer Woche 110.000 Hektar Natur in Asche. Das ist eine Fläche fast so groß wie Berlin – abgefackelt in sieben Tagen!

Und der Süden Europas? Der leidet unter immer längeren und brutaleren Hitzewellen. Die Natur kommt kaum hinterher, der Mensch auch nicht.


Was Hitze mit uns macht

Wer denkt, das sei „nur Wetter“, irrt gewaltig. Hitze ist tödlich – und zwar immer öfter. Seit den 1970ern steht sie ganz oben auf der Liste der wetterbedingten Todesursachen in Europa. Besonders gefährdet: ältere Menschen, Kinder, Menschen mit Vorerkrankungen. Der Körper schafft es irgendwann einfach nicht mehr, sich zu kühlen.

Und die Wirtschaft? Auch sie spürt die Folgen. Schäden in Milliardenhöhe sind inzwischen die bittere Regel – von zerstörten Ernten bis zu überfluteten Straßen und Schienen. Unsere Infrastruktur, die früher für ein gemäßigtes Klima gebaut wurde, kommt mit diesen neuen Extremen kaum klar.

Wie soll das erst in 20 Jahren aussehen?


Europa will handeln – aber reicht das?

Klar, es tut sich was. Die EU gibt Gas – oder besser gesagt: weniger Gas. Bis 2040 sollen die Emissionen um 90 Prozent sinken, bis 2050 will man klimaneutral sein. Das klingt ehrgeizig. Ist es auch. Und doch – wenn die Emissionen nicht noch schneller sinken, könnten die Temperaturen bis zum Jahrhundertende um bis zu 3 Grad steigen. Das wäre eine ganz neue Klimawelt. Keine gute.

Das Problem: Klimaschutz ist kein Sprint. Es ist ein Marathon mit Stolperfallen. Politischer Gegenwind, wirtschaftliche Interessen, kurzfristige Denkweisen – all das bremst. Und während wir diskutieren, klettert das Thermometer weiter.


Anpassung oder Absturz?

Neben dem Kampf gegen die Emissionen braucht es noch etwas anderes: Anpassung. Ein hässliches Wort, zugegeben. Aber ein notwendiges.

Denn manche Folgen des Klimawandels lassen sich nicht mehr verhindern. Was wir tun können: uns vorbereiten. Widerstandsfähiger werden. Vor allem dort, wo die Lage schon jetzt besonders kritisch ist – in Südeuropa zum Beispiel, wo Wasserknappheit und Hitzestress zur neuen Realität gehören. Oder in Küstenregionen, wo Überschwemmungen ganze Lebensräume bedrohen.

Warum tun wir dann nicht mehr?


Mehr als nur Temperatur

Klimawandel ist kein rein physikalisches Problem. Es ist auch ein soziales. Arme Regionen und benachteiligte Bevölkerungsgruppen trifft es oft am härtesten. Wer in einer schlecht isolierten Wohnung lebt oder keinen Zugang zu Gesundheitssystemen hat, spürt die Hitze doppelt.

Deshalb braucht Klimapolitik auch soziale Gerechtigkeit. Anpassungsstrategien müssen solidarisch gedacht werden – nicht als Luxusprojekt für Wohlhabende, sondern als Schutzmaßnahme für alle.


Ein Blick über den Tellerrand

Was viele nicht wissen: Der Klimawandel wirkt sich in Europa nicht gleichmäßig aus. Während der Norden gelegentlich sogar von milderen Wintern profitiert, kämpft der Süden ums Überleben. Das erzeugt Spannungen – politisch, wirtschaftlich, gesellschaftlich.

Was wäre, wenn Klimawandel die nächste große Migrationsbewegung auslöst? Wenn Menschen aus überhitzten Regionen innerhalb Europas nach Norden ziehen müssen? Noch ist das kein Massenphänomen – aber die Zeichen mehren sich.


Wissenschaft muss zusammenarbeiten

Um all diese Herausforderungen zu bewältigen, braucht es mehr als nur gute Vorsätze. Es braucht Wissen – und zwar vernetztes Wissen. Meteorologie, Biologie, Sozialwissenschaften, Stadtplanung, Medizin – sie alle müssen an einem Strang ziehen.

Denn die Klimakrise ist zu groß für Fachidioten. Sie verlangt nach interdisziplinärem Denken, nach echtem Austausch. Und nach dem Mut, alte Denkmuster zu durchbrechen.


Und jetzt?

Vielleicht fragst du dich: Was bringt’s, all das zu lesen, wenn sich eh nichts ändert?

Ganz einfach: Veränderung beginnt mit Wissen. Und mit Druck. Politischem, gesellschaftlichem, medialem. Wir haben nicht ewig Zeit – aber wir haben noch Zeit. Und die sollten wir nutzen. Laut, unbequem und entschieden.

Denn eines ist klar: Europa kann diese Herausforderung stemmen. Aber nicht im Schlafwandel. Sondern nur wach, mutig und solidarisch.

Von Andreas M. Brucker


Quellenhinweis: Dieser Artikel basiert auf aktuellen Erkenntnissen des EU-Klimadienst Copernicus, der Weltorganisation für Meteorologie und der Europäischen Umweltagentur.

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