Tag & Nacht


Gestern war der Internationale Tag zur Bekämpfung von Islamophobie – ein Tag, der mir persönlich immer wieder bewusst macht, wie tief der Hass auf Muslime in Europa verankert ist. Es ist ein unbequemer Blick in den Spiegel unserer Gesellschaft, der offenbart, wie Misstrauen, Vorurteile und offen geäußerte Feindseligkeit gegenüber Musliminnen und Muslimen weiter zunehmen. Besonders in Deutschland und Frankreich zeigt sich dieser Trend in beunruhigender Weise.

Frankreich ist ein Land, das seit Jahren mit seiner eigenen Vorstellung von Laizismus ringt. Die Trennung von Staat und Religion, einst als Garant für Freiheit gefeiert, wird heute oft als Argument gegen die Präsenz des Islam in der öffentlichen Sphäre genutzt. Die Verschleierungsverbote, die Schließung von Moscheen, die strengen Kontrollen religiöser Organisationen – all das geschieht unter dem Vorwand, die Republik vor einer angeblichen islamistischen Unterwanderung zu schützen. Doch was bleibt, ist ein Klima der Angst und der systematischen Diskriminierung. Muslimische Frauen, die sich für das Tragen eines Kopftuchs entscheiden, werden aus dem öffentlichen Leben gedrängt. Junge Muslime, die sich zur Religion bekennen, stehen unter Generalverdacht. Und die immer wiederkehrenden Debatten über den sogenannten „Islamo-Gauchisme“ vergiften das gesellschaftliche Klima weiter. Es ist eine subtile, aber beständige Botschaft: Der Islam gehört nicht wirklich zu Frankreich.

Deutschland scheint auf den ersten Blick toleranter, doch die Statistik spricht eine andere Sprache. Islamfeindliche Straftaten haben in den letzten Jahren zugenommen, Moscheen werden angegriffen, Musliminnen und Muslime werden auf offener Straße beleidigt und angegriffen. Und wenn Politiker von „kultureller Inkompatibilität“ sprechen oder suggerieren, dass der Islam sich der vermeintlich überlegenen deutschen Kultur unterordnen müsse, dann wird damit ein Klima geschaffen, in dem Vorurteile gedeihen. Dass wir uns in Deutschland gerade erst intensiv mit dem Aufstieg der extremen Rechten auseinandersetzen, macht die Situation nicht besser. Wenn muslimische Bürgerinnen und Bürger öfter Opfer rechter Gewalt werden, als dass sie selbst zu einer Bedrohung für die Gesellschaft werden, sollte die Perspektive in den Debatten grundlegend verschoben werden.

Islamophobie ist kein Randproblem und keine bloße Ideologie, die in dunklen Internetforen existiert. Sie ist real, sie ist strukturell, sie ist tief in den Institutionen verankert. Sie zeigt sich in diskriminierenden Polizeikontrollen, in eingeschränkten Berufschancen, in der Art und Weise, wie Medien über Muslime berichten. Und sie zeigt sich in der mangelnden Empathie, wenn muslimische Gemeinschaften Opfer von Anschlägen oder Diskriminierung werden. Während antisemitische Vorfälle – zu Recht – scharf verurteilt werden, fehlt oft die gleiche Sensibilität, wenn es um Islamophobie geht.

Was mich besonders wütend macht, ist die Art und Weise, wie Islamophobie als intellektuell legitimierte Haltung verkauft wird. Man darf in Frankreich und Deutschland ohne große Konsequenzen behaupten, der Islam sei „nicht mit den Werten des Westens vereinbar“ oder „rückständig“. Man darf muslimischen Gemeinden unterstellen, nicht integrationswillig zu sein, als wäre es ihre Pflicht, sich einer einseitig definierten Mehrheitskultur anzupassen. Diese Narrative sind nicht nur falsch, sondern gefährlich. Sie entmenschlichen eine gesamte Bevölkerungsgruppe und bereiten den Boden für Gewalt und Diskriminierung.

Der gestrige Gedenktag sollte uns daran erinnern, dass es nicht reicht, sich in Sonntagsreden gegen Hass auszusprechen. Islamophobie muss konsequent bekämpft werden – in der Politik, in den Medien, im täglichen Miteinander. Und das beginnt mit der Anerkennung einer unbequemen Wahrheit: Europa hat ein tiefgreifendes Problem mit antimuslimischem Rassismus. Es wird Zeit, es beim Namen zu nennen.

P.T.

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