Bernard Squarcini, ehemaliger Chef des französischen Inlandsgeheimdienstes, wurde am Freitag vom Pariser Strafgericht zu vier Jahren Haft verurteilt – zwei davon auf Bewährung. Der Vorwurf: illegale Einflussnahme, insbesondere zugunsten des Luxuskonzerns LVMH und dessen Chef Bernard Arnault. Ein Urteil, das Wellen schlägt.
Von der Machtzentrale zum Angeklagten
Squarcini, in Geheimdienstkreisen als „der Squale“ bekannt, stand lange an der Spitze der französischen Sicherheitsbehörden. Doch jetzt wurde der 69-Jährige nicht nur zu einer Haftstrafe verurteilt, sondern muss auch eine Geldstrafe von 200.000 Euro zahlen. Zudem darf er für fünf Jahre nicht mehr im Bereich Geheimdienste, Beratung oder Wirtschaftsspionage tätig sein.
Die Haftstrafe muss er allerdings nicht hinter Gittern verbüßen – stattdessen wird sie mit einer elektronischen Fußfessel überwacht. Doch sein juristischer Kampf ist noch nicht vorbei: Seine Anwältin, Me Marie-Alix Canu-Bernard, kündigte umgehend Berufung an.
„Äußerst schwerwiegende Taten“ – Das Gericht bleibt hart
Die Staatsanwaltschaft hatte ursprünglich eine Strafe von vier Jahren mit Bewährung und eine höhere Geldbuße von 300.000 Euro gefordert. Squarcini, ein einst angesehener hoher Beamter, sei für „äußerst schwerwiegende Taten“ verantwortlich, so die Anklage.
Er stand nicht allein vor Gericht – neun weitere Personen waren angeklagt, darunter hochrangige Beamte, ehemalige Richter und Wirtschaftsspione. Ihm wurden insgesamt elf Delikte vorgeworfen, darunter passive Einflussnahme, Veruntreuung öffentlicher Gelder, Geheimnisverrat und Urkundenfälschung.
Das Gericht sprach ihn in einigen Anklagepunkten frei und stufte andere Vergehen neu ein. Doch die Kernaussage blieb bestehen: Squarcini habe seine Position missbraucht, um persönliche Vorteile zu sichern.
Spionage für LVMH – Die Ruffin-Affäre
Ein besonders brisanter Teil des Falls betrifft die Überwachung des heutigen Abgeordneten François Ruffin. Zwischen 2013 und 2016 ließ Squarcini Ruffin und dessen investigatives Magazin Fakir im Auftrag von LVMH ausspionieren. Pikant: Ruffin arbeitete damals an seinem Film Merci Patron!, einer bissigen Dokumentation über Bernard Arnaults Geschäftsgebaren.
Bernard Arnault selbst beteuerte vor Gericht, nichts von der Überwachung gewusst zu haben. Ruffin hingegen sieht den Fall als Beleg dafür, wie eng Wirtschaftsmacht und politische Einflussnahme in Frankreich verflochten sind. Brisant dabei: LVMH konnte 2021 durch eine Zahlung von zehn Millionen Euro ein offizielles Strafverfahren abwenden.
Ein Urteil mit Signalwirkung?
Die Verteidigung sieht das Urteil als ungerecht. Squarcinis Anwälte kritisierten, dass die Ermittlungen „einseitig“ geführt worden seien. Ihr Mandant habe sein Leben lang dem Staat gedient, betonten sie. Andere Verteidiger hoben die „unbescholtene Karriere“ ihrer Mandanten hervor.
Doch der Fall wirft grundsätzliche Fragen auf: Wie stark darf sich ein ehemaliger Geheimdienstchef in private Angelegenheiten einmischen? Und wo liegt die Grenze zwischen beruflichem Netzwerk und illegalem Einfluss?
Die Berufung steht noch aus – doch das Urteil könnte bereits jetzt ein deutliches Zeichen setzen.
Von C. Hatty
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