Es ist ein apokalyptisches Szenario, das sich derzeit im Süden Frankreichs abspielt. Seit dem 5. August 2025 brennt im Département Aude ein Feuer von historischem Ausmaß – größer, schneller und zerstörerischer als alle anderen Brände dieses Sommers. Die Natur steht in Flammen, das Land kämpft.
Mehr als 16.000 Hektar mediterraner Vegetation – Garrigue, Kiefern, Zypressen – sind bereits ein Raub der Flammen geworden. 15 Gemeinden im Massif des Corbières sind betroffen, darunter auch das Dorf Ribaute, wo das Inferno seinen Anfang nahm. Die Bilder erinnern an dystopische Filme – doch es ist bitterer Ernst.
Eine Tragödie mit Todesopfern
Das Feuer fordert nicht nur Wälder, sondern auch Menschenleben. In Saint-Laurent-de-la-Cabrerisse kam eine 65-jährige Frau ums Leben. Sie hatte sich geweigert, ihr Haus zu verlassen – eine Entscheidung mit tödlichem Ausgang. Eine weitere Person gilt als vermisst.
Dreizehn Verletzte wurden bislang gezählt: Zwei Zivilisten, einer davon mit schweren Verbrennungen, sowie elf Feuerwehrleute. Besonders dramatisch: Ein Löschfahrzeug kippte um, ein Feuerwehrmann schwebt seitdem in Lebensgefahr. Auch die materielle Bilanz ist erschütternd – 25 Häuser wurden beschädigt oder komplett zerstört, mindestens 2.500 Haushalte sind ohne Strom.
Wetter – der schlimmste Feind
Ein entscheidender Brandbeschleuniger ist das Wetter. Heiß, trocken, windig – eine toxische Mischung. Die Tramontane, ein trockener Nordwestwind, peitscht die Flammen mit 50 bis 60 Kilometern pro Stunde durch das Gelände. Die Luft ist trocken wie Zunder, die Temperatur hoch. Das Feuer rast mit bis zu sechs Kilometern pro Stunde über die Hänge – schneller, als man zu Fuß fliehen kann.
Löscharbeiten unter diesen Bedingungen? Ein Himmelfahrtskommando.
Eine Feuerfront, 2.000 Helden
Rund 2.000 Feuerwehrleute kämpfen unermüdlich gegen das Flammenmeer. Unterstützt werden sie von neun Canadairs, fünf Dash-Maschinen und mehreren Löschhubschraubern. Verstärkung kommt aus anderen Départements – unter anderem aus den Alpen und dem benachbarten Hérault. Dennoch bleibt die Lage angespannt, besonders an den Flanken des Feuers, wo neue Glutnester entstehen. Die Hoffnung? Ein Wetterumschwung – oder das Wunder einer Windstille.
Stillstand auf Asphalt
Auch die Infrastruktur leidet. Die Autobahn A9 zwischen Narbonne und Perpignan ist in beiden Richtungen gesperrt, ebenso die A61 ab der Ausfahrt Lézignan. Viele Landstraßen sind blockiert oder überfüllt. Der Verkehr steht – buchstäblich. Wer kann, sollte die Region meiden. Wer dort lebt, braucht Geduld, Durchhaltevermögen – und vor allem: Informationen.
Die Politik vor Ort – und unter Druck
Frankreichs Premierminister François Bayrou eilte gemeinsam mit Innenminister Bruno Retailleau und dem Ministerdelegierten François-Noël Buffet in die Krisenregion. Ihre Botschaft: Die Republik steht an der Seite der Betroffenen. Doch auch Kritik liegt in der Luft – über Prävention, Klimapolitik, Ressourcen.
Agnès Pannier-Runacher, die Ministerin für den ökologischen Wandel, bringt es drastisch auf den Punkt: Die Fläche, die allein dieser Brand bereits verschlungen hat, entspricht der gesamten Fläche aller Brände in Frankreich im Jahr 2024.
Ein Satz, der brennt.
Ein Appell an alle
Die Behörden appellieren mit Nachdruck an die Bevölkerung: Halten Sie sich von den Brandgebieten fern. Blockieren Sie keine Rettungswege. Befolgen Sie die Anweisungen der Einsatzkräfte. Und: Wer jetzt noch denkt, ein achtlos weggeworfener Zigarettenstummel sei nur ein Kavaliersdelikt, riskiert Leben. Im wahrsten Sinne.
Was bleibt?
Ruß in der Luft. Zerstörung auf dem Boden. Und die schmerzliche Erkenntnis, dass der Klimawandel keine ferne Bedrohung ist – sondern brennende Realität.
Die Solidarität in Frankreich ist groß. Doch sie wird auf eine harte Probe gestellt. Denn was hier brennt, sind nicht nur Bäume – sondern Gewissheiten.
Autor: Andreas M. Brucker
Abonniere einfach den Newsletter unserer Chefredaktion!