Tag & Nacht




Frankreich kocht.
Nicht im übertragenen Sinn – sondern buchstäblich.

Die anhaltende Hitzewelle hat in vielen Regionen die 40-Grad-Marke geknackt, in manchen Orten wie Saint-Sever in den Landes fühlt sich das an wie ein Trockenschrank unter freiem Himmel. Urlauber, die ihre Ferien in Wohnwagen verbringen, berichten von Temperaturen, bei denen selbst die Nacht kaum erträglich ist. „Meine Kinder schwitzen selbst im Pool – das Wasser ist so warm, dass es keine Abkühlung mehr bringt“, erzählt ein Vater aus Toulouse.

Und er ist nicht allein mit dieser Klage. In der Haute-Garonne, keine Stunde entfernt, sinkt das Thermometer nachts kaum unter 30 Grad. Camper wälzen sich schlaflos auf Luftmatratzen, während schon am frühen Morgen die Zeltplanen brütend heiß sind. Ein Kaffee im Schatten? Nur kurz angenehm, bevor die Hitze wieder auf den Kreislauf drückt.

Die Betreiber der Campingplätze reagieren so gut es geht: Pools bleiben länger geöffnet, Sportkurse verlagern sich in schattige Bereiche, Kinderprogramme werden spontan umgestellt. Trotzdem stoßen viele an physische und organisatorische Grenzen. Was hilft ein geöffnetes Schwimmbecken, wenn das Wasser wie Badewanne wirkt?

Folge: Immer mehr Urlauber denken um. Statt Richtung Mittelmeer oder in den Südwesten zu fahren, geht es nun gen Norden oder den nördlichen Westen – in die Bretagne, in die Normandie, ins kühlere Inland. Dort herrscht statt flirrendem Asphalt eher frischer Atlantikwind. Buchungsportale und Campingplätze in diesen Regionen verzeichnen seit Beginn der Hitzewellen deutlich mehr Anfragen.

Dieses Phänomen ist mehr als nur eine kurzfristige Reaktion. Experten sprechen von einer strukturellen Veränderung im Urlaubsverhalten. Der Klimawandel verschiebt nicht nur Temperaturkurven – er verschiebt auch touristische Ströme. Wer heute „Sommerurlaub in Südfrankreich“ hört, denkt immer öfter auch an Ventilatoren, Klimaanlagen und zu warme Nächte ohne Schlaf.

Das stellt die Tourismusbranche vor eine heikle Aufgabe: Anpassung oder Attraktivitätsverlust. Schon jetzt experimentieren Campingplätze mit zusätzlichen Sonnensegeln, kühleren Gemeinschaftsräumen oder gar „siesta-freundlichen“ Tagesprogrammen. Langfristig könnten ganze Regionen gezwungen sein, ihr Profil neu zu definieren – weg von der prallen Sonne, hin zu einem Konzept, das Schatten, Kühle und Erholung verspricht.

Und die Urlauber? Die werden sich wohl fragen müssen, ob der Inbegriff von Sommerferien künftig weniger mit Südstrand am Mittelmeer und mehr mit dem Klang einer frischen Brise zu tun hat.

Autor: Andreas M. B.

Neues E-Book bei Nachrichten.fr







Du möchtest immer die neuesten Nachrichten aus Frankreich?
Abonniere einfach den Newsletter unserer Chefredaktion!