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In einer beispiellosen Entscheidung hat die französische Justiz eine Untersuchung gegen mehrere französisch-israelische Staatsbürger eingeleitet. Der Vorwurf: Beihilfe zum Völkermord, Anstiftung zum Völkermord und Beihilfe zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Zusammenhang mit der Blockade humanitärer Hilfe für die Bevölkerung im Gazastreifen zwischen Januar und Mai 2024.

Erste Untersuchung dieser Art in Frankreich

Diese Untersuchung ist die erste in Frankreich, die sich mit derartigen Vorwürfen im Kontext des Nahostkonflikts befasst. Sie folgt auf eine Strafanzeige, die im November 2024 von der Union Juive Française pour la Paix, einer antizionistischen jüdischen Organisation, und einer französisch-palästinensischen Frau eingereicht wurde, deren Familie im Gazastreifen lebt. Die Anzeige richtet sich gegen Unbekannt und wirft bestimmten Gruppen vor, die Lieferung humanitärer Hilfe nach Gaza aktiv behindert zu haben.

Ziel der Ermittlungen: Zwei pro-israelische Gruppen

Im Fokus der Ermittlungen stehen die Gruppen „Israel Is Forever“ und „Tsav 9“. Beide Organisationen sollen laut den Klägern an der Blockade von Hilfskonvois beteiligt gewesen sein, die dringend benötigte Lebensmittel und medizinische Versorgung in den Gazastreifen bringen sollten. Insbesondere „Tsav 9“ wird beschuldigt, wiederholt Straßen blockiert, Lastwagen beschädigt und Fahrer angegriffen zu haben, um die Lieferung von Hilfsgütern zu verhindern.

Internationale Reaktionen und Sanktionen

Die Aktivitäten von „Tsav 9“ haben nicht nur in Frankreich, sondern auch international für Empörung gesorgt. Die Vereinigten Staaten haben die Gruppe im Juni 2024 auf ihre Sanktionsliste gesetzt und ihr vorgeworfen, die Lieferung humanitärer Hilfe gewaltsam zu behindern. Auch die Europäische Union hat Sanktionen gegen Mitglieder der Gruppe verhängt.

Humanitäre Krise im Gazastreifen

Die Blockade humanitärer Hilfe hat die ohnehin prekäre Lage im Gazastreifen weiter verschärft. Etwa 90 Prozent der Bevölkerung sind von akuter Nahrungsmittelknappheit betroffen. Die Einschränkungen beim Zugang zu Wasser, Strom und medizinischer Versorgung haben zu einer humanitären Katastrophe geführt – mit dramatischen Folgen für die Zivilbevölkerung.

Reaktionen der Kläger und ihrer Anwälte

Die Anwältinnen der Kläger, Marion Lafouge und Damia Taharraoui, begrüßten die Entscheidung der französischen Justiz: „Wir sind sehr zufrieden mit dieser Entscheidung, die in perfekter Übereinstimmung mit den vorgelegten Fakten und Beweisen steht.“ Sie hoffen, dass die weiteren Ermittlungen ebenso konsequent geführt werden.

Ein Präzedenzfall für die internationale Justiz?

Diese Untersuchung könnte einen Präzedenzfall für die internationale Justiz darstellen. Sie zeigt, dass Einzelpersonen und Gruppen, die an der Blockade humanitärer Hilfe beteiligt sind, zur Rechenschaft gezogen werden können. Die Ermittlungen in Frankreich könnten andere Länder dazu ermutigen, ähnliche Schritte zu unternehmen, um Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht zu ahnden.

Und jetzt?

Ob diese Ermittlungen tatsächlich zu einer Anklage oder gar zu einem Gerichtsprozess führen, bleibt abzuwarten. Doch die Botschaft ist klar: Wer versucht, Hunger als Waffe einzusetzen, muss mit Konsequenzen rechnen. Und das ist auch gut so, oder?

Von Andreas M. Brucker

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