46 Grad. Ein Wert, der klingt, als stamme er aus den Wüsten Nordafrikas – nicht aus Frankreich.
Doch genau diese Temperatur wurde in diesem Sommer bereits gemessen. Und plötzlich wirken jene düsteren Klimaprognosen für 2050 wie Vorhersagen aus einer fernen Zukunft, die sich nun mit voller Wucht ins Heute drängen.
Die neue Normalität: Hitze ohne Ende
Météo-France bestätigte: Juni 2025 war der zweitheißeste Juni seit Beginn der Wetteraufzeichnungen – satte 3,3 Grad über dem langjährigen Durchschnitt.
Hitzewellen, die einst alle paar Jahre auftauchten und als „außergewöhnlich“ galten, haben ihre Maske fallen lassen. Heute zeigen sie ihr wahres Gesicht: Sie sind gekommen, um zu bleiben.
2050 könnte Frankreich bis zu 24 Tage Hitzewelle und 100 tropische Nächte jährlich erleben. Tropische Nächte – ein Begriff, der so harmlos klingt, aber nichts anderes bedeutet, als dass die Temperaturen auch nachts nicht unter 20 Grad sinken. Keine Abkühlung. Kein Aufatmen.
Warum wird es so extrem?
Schuld sind sogenannte blockierende Hochdruckgebiete und Hitzedome, die wie riesige Glaskuppeln warme Luft festhalten. Kombiniert mit dem ohnehin schon um +1,7 Grad erwärmten Klima wirken sie wie ein gigantischer Backofen.
Wer bei diesen Zahlen noch immer denkt: „Ach, ein bisschen Sommerhitze tut doch gut“ – dem läuft spätestens beim Blick auf die Folgen ein Schauer über den Rücken.
Hitze, die tötet
Besonders für Ältere, Kinder und alle, die draußen arbeiten, wird Hitze lebensgefährlich. Im Juni 2025 lebten 88 Prozent der Franzosen in Gebieten mit Hitzewarnstufe Orange. Tagsüber über 40 Grad, nachts keine Abkühlung.
Was macht das mit einem Körper, der auf Schlaf, Regeneration und ein Mindestmaß an Kühlung angewiesen ist?
Von der Gluthitze in die Dürre
Mit der Hitze kommt die Trockenheit. Schon im Juni waren 25 Départements wegen Dürre in Alarmbereitschaft, zehn davon auf höchstem Krisenniveau.
Wasser wird rationiert, Landwirtschaft leidet, Flüsse trocknen aus, und Wälder fangen Feuer wie Zunder. Ein Funken genügt, und ganze Landstriche brennen, wie zuletzt im Massiv des Corbières.
Die Klimaprognosen klingen wie Endzeitliteratur
Laut Weltklimarat GIEC könnte die globale Durchschnittstemperatur bis zum Jahr 2100 um ganze 6 bis 7 Grad steigen, wenn wir weiter machen wie bisher. Für Frankreich bedeutet das +2,7 Grad bis 2050 und bis zu +4 Grad bis zum Ende des Jahrhunderts.
Was bedeutet das konkret?
Sommer, die bis in den Herbst reichen. Winter, die eher kühlen Herbsttagen ähneln. Extreme Wetterereignisse, die Straßen, Städte, Ernten und Gesundheitssysteme überfordern.
Und die Städte?
Vor allem Städte trifft es hart. Beton speichert Wärme, Asphalt reflektiert sie, Klimaanlagen verschärfen das Problem noch durch die Abwärme.
Die Frage lautet also: Wollen wir unsere Städte zu Fritteusen umfunktionieren oder schaffen wir die Wende?
Erste Ansätze für ein Leben mit der Hitze
Manche Städte handeln bereits.
Toulouse zum Beispiel will mit dem Projekt „Grand Parc Garonne“ die Île du Ramier in eine grüne Oase verwandeln. 5.000 neue Bäume sollen dort gepflanzt werden. Mehr Schatten. Weniger Hitze. Ein Tropfen auf den heißen Stein – aber ein Tropfen, der Hoffnung macht.
Andere Gemeinden wie Langlade und Mandelieu-la-Napoule investieren in Schutz vor Waldbränden und Überschwemmungen. Kleine Puzzleteile auf dem Weg zu einem klimaresilienten Frankreich.
Doch reicht das?
Nein. Diese lokalen Initiativen brauchen den Rückenwind nationaler und internationaler Strategien, um die Emissionen von Treibhausgasen radikal zu senken.
Liegt das Schlimmste erst noch vor uns?
Es fühlt sich so an.
Doch so unausweichlich diese Entwicklung scheinen mag, sie ist nicht in Stein gemeißelt.
Ja, der Sommer 2025 wirkt wie ein unheilvoller Trailer für die kommenden Jahrzehnte. Aber noch läuft der Film nicht auf Autopilot. Noch gibt es Handlungsspielraum, um das Drehbuch umzuschreiben – wenn wir bereit sind, endlich wirklich zu handeln.
Denn ein Leben bei 46 Grad?
Das will niemand freiwillig.
Autor: Andreas M. Brucker
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