Frankreichs Wirtschaft sendet ein Lebenszeichen: Mit einem Wachstum von 0,5 Prozent im dritten Quartal übertraf das Land die Erwartungen deutlich. Noch im Sommer war man in Paris von lediglich 0,3 Prozent ausgegangen. Die neuen Zahlen des Statistikamts deuten darauf hin, dass sich die französische Volkswirtschaft trotz innenpolitischer Spannungen und internationaler Unsicherheiten erstaunlich widerstandsfähig zeigt.
Ein Aufschwung gegen die Erwartungen
Nach einem verhaltenen ersten Halbjahr – mit lediglich 0,1 Prozent Wachstum im ersten und 0,3 Prozent im zweiten Quartal – markiert der aktuelle Wert eine Beschleunigung. Besonders bemerkenswert ist dieser Anstieg vor dem Hintergrund des politischen Stillstands in der Nationalversammlung, der Spannungen in den transatlantischen Handelsbeziehungen und des zögerlichen Konsumverhaltens im Inland.
Getragen wurde das Wachstum in erster Linie von einem dynamischen Exportsektor, insbesondere in der Luftfahrtindustrie. Diese hatte seit der Pandemie mit Lieferengpässen und Nachholeffekten zu kämpfen, nun scheint sich die Lage zu normalisieren. Der französische Wirtschaftsminister sprach von einer „bemerkenswerten Leistung“ und hob hervor, dass die Unternehmen weiterhin investieren, exportieren und zur wirtschaftlichen Erholung beitragen.
Der Haushalt als Wegweiser
Die positive Entwicklung könnte das Jahreswachstumsziel der Regierung übertreffen, das bislang bei 0,7 Prozent lag. Das sogenannte „acquis de croissance“, also der bislang erreichte Wachstumspfad, liegt bereits bei 0,8 Prozent. Doch damit dieses Momentum anhält, bedarf es mehr als kurzfristiger Effekte. Im Zentrum steht der Haushalt für 2026, über den derzeit heftig in der Nationalversammlung gestritten wird. Die Regierung verfügt über keine eigene Mehrheit; zentrale Streitpunkte sind unter anderem die Frage nach der Besteuerung hoher Einkommen sowie der Verzicht auf weitere Rentenreformen.
Ein handlungsfähiger Staat ist jedoch essenziell für die wirtschaftliche Planungssicherheit. Unternehmen und Haushalte brauchen klare Perspektiven. Der Wirtschaftsminister betonte daher zu Recht, dass die zügige Verabschiedung eines stabilen und vertrauensbildenden Haushalts von entscheidender Bedeutung sei. Ein Scheitern würde nicht nur das politische Klima weiter vergiften, sondern auch den zarten ökonomischen Aufschwung gefährden.
Frankreichs strukturelle Herausforderungen
Gleichwohl darf die aktuelle Wachstumszahl nicht über grundlegende Probleme hinwegtäuschen. Frankreich leidet weiterhin unter einer hohen Staatsverschuldung, einem vergleichsweise rigiden Arbeitsmarkt und einem Investitionsklima, das in Teilen hinter dem europäischem Spitzenfeld zurückbleibt. Die Steuerlast ist hoch, die Produktivität stagniert, und die Wettbewerbsfähigkeit bleibt trotz einzelner Fortschritte verbesserungswürdig.
Langfristig kommt es darauf an, das Vertrauen in Frankreichs wirtschaftliche Steuerungsfähigkeit zu stärken. Dazu gehört nicht nur fiskalische Solidität, sondern auch eine verlässliche Reformagenda, die auf Wettbewerbsfähigkeit, Innovation und nachhaltiges Wachstum setzt. Ohne diese strukturellen Verbesserungen bleibt jeder Aufschwung fragil.
Frankreich hat in den vergangenen Jahren mehrfach bewiesen, dass es zu Reformen fähig ist – wenn der politische Wille vorhanden ist. Die aktuelle konjunkturelle Entwicklung bietet eine Chance, das Vertrauen zurückzugewinnen und die wirtschaftliche Grundlage für kommende Jahre zu legen. Jetzt ist der Moment, diese Gelegenheit zu nutzen – mit einem Haushalt, der Orientierung gibt, und mit politischen Mehrheiten, die das Gemeinwohl über parteipolitische Taktik stellen.
Ein solides drittes Quartal allein macht noch keine wirtschaftliche Wende. Doch es zeigt, dass Frankreich das Potenzial besitzt, sich aus der Stagnation zu lösen. Voraussetzung ist eine Politik, die das Momentum nicht verspielt.
Autor: P.T.
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