In den Reihen der islamistischen Rebellengruppe Hayat Tahrir al-Sham (HTS) in Syrien wurden zehn französische Dschihadisten identifiziert. Diese Information stammt aus Quellen, die der französischen Nachrichtenseite Agence Radio France am Dienstag, dem 10. Dezember, vorlagen. Ob diese Personen am Angriff auf Damaskus beteiligt waren, ist bisher unklar – doch die Präsenz französischer Staatsangehöriger in der Region wirft erneut ein Schlaglicht auf das komplexe Phänomen der ausländischen Kämpfer in Syrien.
Mehr als zehn Franzosen im Kampf
Die Zahl der französischen Dschihadisten in Syrien beläuft sich laut Experten nicht nur auf die zehn bei HTS identifizierten Personen. Unter Berücksichtigung anderer islamistischer Gruppierungen wird die Gesamtzahl auf etwa hundert geschätzt. Diese Verteilung zeigt, wie viele unterschiedliche Milizen weiterhin in der Region aktiv sind – trotz des offiziell erklärten Endes des „Islamischen Staates“.
Französischsprachige Stimmen in Propagandavideos
Videos, die der Experte für Terrorismus Wassim Nasr veröffentlicht hat, geben weitere Einblicke. Sie zeigen Kämpfer von HTS, darunter auch französischsprachige Dschihadisten, die auf Militärfahrzeugen durch die Stadt Hama fahren. In einem der Videos wird ein französisch sprechender Kämpfer hörbar: „Sogar die Christen feiern mit uns – al-hamdulillah. Sonntag, Tag der Messe.“ Die Bilder und Töne aus diesen Videos sollen laut Nasr von den „erstbetroffenen Kämpfern“ selbst stammen. Er steht in direktem Kontakt mit Dschihadisten unterschiedlicher Nationalitäten.
Struktur der Kämpfer unter HTS
Die französischen Dschihadisten sind nicht unabhängig, sondern in den Strukturen von HTS organisiert, insbesondere unter der Bannergruppe Ansar al-Tawhid. Diese Untergruppe verwaltet ausländische Kämpfer, darunter Franzosen, und kontrolliert streng deren Aktivitäten. Die Kämpfer dürfen nicht eigenständig agieren – ein Detail, das auf die strikte Hierarchie innerhalb von HTS hinweist.
Die Gruppierung HTS gilt als Nachfolger der syrischen Al-Qaida und wird von Abou Mohammed al-Joulani geführt. Sie verfolgt eine rigide islamistische Ideologie und setzt die Scharia durch. Al-Joulani, eine zentrale Figur des syrischen Krieges, spielte eine Schlüsselrolle bei der Spaltung zwischen Al-Qaida und dem „Islamischen Staat“ im Jahr 2013.
Kein „systematischer Missbrauch“?
Interessanterweise berichtet Wassim Nasr, dass es unter HTS keine systematischen Massaker oder Gräueltaten gegeben habe, seit das Regime von Baschar al-Assad ins Wanken geriet. Diese Aussage mag auf den ersten Blick beruhigend wirken, doch die Anwendung der Scharia und die Kontrolle der Bevölkerung durch HTS deuten auf eine weiterhin autoritäre und repressiv-religiöse Führung hin.
Die Herausforderung ausländischer Kämpfer
Ein zentrales Problem für HTS ist die Verwaltung der ausländischen Kämpfer. Viele dieser Kämpfer sind ideologisch motiviert, bringen jedoch auch zusätzliche Risiken mit sich – von inneren Spannungen bis hin zu potenziellen Konflikten mit anderen Fraktionen. Für Abou Mohammed al-Joulani stellt dies eine organisatorische und strategische Herausforderung dar. Nasr, der vor einem Jahr in Idlib war, beschreibt den von HTS errichteten „Rettungsregierungskomplex“ als rigide islamistischen Verwaltungsapparat.
Die Rückkehrgefahr: Ein europäisches Dilemma
Die Identifikation von französischen Staatsangehörigen bei HTS wirft in Frankreich erneut die Frage auf, wie mit möglichen Rückkehrern umzugehen ist. Die Bedrohung, die von radikalisierten Kämpfern ausgeht, bleibt hoch, besonders wenn diese nach Europa zurückkehren. Das Thema polarisiert die französische Öffentlichkeit, die zwischen Sicherheitsbedenken und humanitären Überlegungen schwankt.
Fazit: Ein weiterhin explosives Pulverfass
Die Präsenz französischer Dschihadisten in Syrien unter HTS zeigt, dass der Einfluss internationaler Kämpfer in der Region weiterhin erheblich ist. Die ideologische Strenge von HTS und die taktische Organisation ihrer ausländischen Kämpfer machen die Gruppe zu einem gefährlichen Akteur im syrischen Bürgerkrieg – und einer potenziellen Gefahr für Europa.
Frankreich steht vor der Herausforderung, die Aktivitäten seiner Bürger im Ausland genau zu überwachen und gleichzeitig Strategien für eine sichere Zukunft zu entwickeln. Die Frage bleibt: Kann man die Radikalisierung stoppen, bevor sie erneut die Grenzen Europas erreicht?
Abonniere einfach den Newsletter unserer Chefredaktion!