Es ist ein seltenes Zeichen zivilen Ungehorsams auf internationalem Boden: Sechs französische Staatsbürger, darunter die Europaabgeordnete Rima Hassan, lehnen nach der gewaltsamen Abfangaktion des Hilfsschiffes Madleen durch die israelische Marine ihre Rückreise nach Frankreich ab. Sie befinden sich nun in israelischem Gewahrsam – mit der Aussicht, einem Richter vorgeführt zu werden.
Doch was motiviert diesen Schritt? Und warum ist er politisch so aufgeladen?
Die Szene wirkt fast filmreif: Die Madleen, ein kleines Segelschiff voller Hoffnung und Hilfsgüter, wird auf dem Weg nach Gaza in internationalen Gewässern abgefangen. Israel argumentiert mit Sicherheitsinteressen, spricht von legitimer Verteidigung seiner Grenzen. Doch die Aktivistinnen und Aktivisten an Bord haben ein anderes Ziel: Solidarität. Und sie schrecken nicht davor zurück, ihre Haltung bis zum letzten Schritt durchzuziehen.
Während einer der sechs Franzosen die angebotene Rückreise akzeptiert hat, pochen die fünf anderen – darunter Rima Hassan – auf ihr Recht, sich gegen die israelische Maßnahme juristisch zu wehren. Sie nehmen dafür nicht nur ihre Freiheit, sondern auch mögliche Konsequenzen in Kauf. Ein symbolträchtiger Akt, der weit über den Einzelfall hinausreicht.

Rima Hassan, selbst mit palästinensischen Wurzeln, bezeichnete die Abfangaktion in ersten Statements als völkerrechtswidrig. Sie betonte: „Unsere Anwesenheit ist ein Akt der Menschlichkeit – kein Angriff.“ Dass sie sich der Abschiebung widersetzt, ist Ausdruck dieser Überzeugung.
Wie reagiert Frankreich?
Die französische Regierung steht unter Zugzwang. Präsident Emmanuel Macron nannte die humanitäre Lage in Gaza eine „Schande“ und forderte die sofortige Rückführung aller französischen Staatsbürger. Doch was, wenn diese Rückkehr gar nicht gewünscht ist? Wenn Bürgerinnen und Bürger aktiv entscheiden, im Gewahrsam zu bleiben, um ein politisches Zeichen zu setzen?
In diplomatischen Kreisen sorgt diese Situation für Unruhe. Das israelische Innenministerium ließ bereits verlauten, dass es keine besonderen Zugeständnisse geben werde – „diese Personen interessieren uns nicht“, hieß es lakonisch. Ein Satz, der wie ein Schlag ins Gesicht wirkt und die Entschlossenheit der Aktivistengruppe nur weiter zu befeuern scheint.
Der Widerstand der sechs Franzosen, von denen fünf nun einen israelischen Richter sehen werden, könnte eine juristische Auseinandersetzung mit Signalwirkung auslösen. Es ist nicht einfach nur ein Fall für Konsularbeamte – es ist ein internationales Politikum.
Die Entscheidung, sich nicht einfach abschieben zu lassen, ist mehr als eine Geste – sie ist eine bewusste Provokation gegenüber dem israelischen System und zugleich ein Appell an die Weltöffentlichkeit. Wer sich in einer solchen Situation bewusst dem legalen Apparat stellt, spielt nicht nur nach den Regeln – er fordert sie heraus.
Von M.A.B.
Abonniere einfach den Newsletter unserer Chefredaktion!