Frankreich schwitzte – und zwar im März. Das ist nicht normal, oder?
Wer in diesem Monat durch Paris spazierte, konnte leicht ins Grübeln kommen: Menschen in T-Shirts, blühende Bäume und Cafés mit gut besuchten Terrassen. Die Quecksilbersäule kletterte am 20. März bis auf 18 Grad, die Nächte blieben ungewöhnlich mild. Kaum Frost, kaum Regen. Klingt idyllisch? Auf den ersten Blick vielleicht. Doch auf den zweiten? Da kommen Fragen auf.
Was bedeutet das eigentlich – ein „zu warmer“ März?
Im Durchschnitt lag der März 2025 in ganz Frankreich spürbar über dem, was meteorologisch als „normal“ gilt. In Paris zum Beispiel fielen die Tiefsttemperaturen kaum unter zwei Grad – selbst in den frühen Morgenstunden. Grenoble meldete Tageshöchstwerte von bis zu 20 Grad. Normal wären dort eher Temperaturen im einstelligen Bereich gewesen. Und auch bei den Niederschlägen herrschte Ebbe: Kaum ein Regentag in der Hauptstadt, viele Regionen berichteten von ausbleibenden Frühlingsniederschlägen. Klingt das nach einer Ausnahme? Leider nicht.
Ein Blick über die Grenze – und ein Déjà-vu
Nicht nur Frankreich erlebte einen ungewöhnlich warmen März. Die Schweiz verzeichnete im selben Zeitraum eine Durchschnittstemperatur, die um 1,5 Grad über dem langjährigen Mittel lag. Auch dort: deutlich weniger Niederschlag. Ein einzelner Ausreißer? Eher Teil eines größeren Puzzles. Ein Puzzleteil, das nicht mehr so richtig passen will in das, was früher einmal als „normales Wetter“ galt.
Meteorologie trifft Realität: Was passiert hier eigentlich?
Temperaturabweichungen von einem oder zwei Grad wirken auf den ersten Blick nicht dramatisch. Aber: In der Welt der Klimatologie sind solche Werte gewaltig. Ein ganzer Monat mit deutlich höheren Durchschnittstemperaturen – das verschiebt nicht nur das Gefühl für Jahreszeiten, sondern auch ganze ökologische Kreisläufe. Pflanzen blühen zu früh. Tiere finden keine Nahrung. Schnee schmilzt zu schnell – oder fällt gar nicht erst. Die Folgen kaskadieren.
Was steckt dahinter?
Die naheliegende Vermutung: Der Klimawandel spielt mit. Und das tut er auf mehreren Ebenen. Erstens erwärmt sich das globale Klima – das ist keine Hypothese mehr, sondern gut dokumentierte Realität. Zweitens verändert sich durch diese Erwärmung die Zirkulation der Atmosphäre. Hochdruckgebiete bleiben länger an Ort und Stelle, Regen zieht weiter nördlich oder bleibt ganz aus, Kaltlufteinbrüche werden seltener. Das alles passt zur Wetterlage im März 2025 in Frankreich.
Der stille Dieb: Trockenheit im Frühling
Regen im März ist wichtig – nicht nur für die Landwirtschaft. Auch Wälder, Grundwasser und städtische Grünflächen brauchen diese frühen Wassergaben, um den Sommer zu überstehen. Bleibt der Regen aus, startet das Jahr mit einem Defizit. Und das holt man im Juli nicht mehr so leicht auf.
2022 war so ein Jahr. Der trockene Frühling setzte den Grundstein für einen der heißesten und trockensten Sommer Europas. Die Böden trockneten aus, Flüsse wie die Loire oder der Rhein schrumpften auf historische Tiefstände, Ernten gingen verloren.
Droht 2025 Ähnliches?
Frühling wird zum Sommer – und das hat Folgen
Wenn März wie Mai ist, dann ist Mai wie Juli – und der Juli? Vielleicht wie ein Backofen, nur ohne Pause. Das ist keine Polemik, sondern basiert auf Modellen, die den Temperaturanstieg und seine Dynamik berechnen. Frühe Wärmeperioden verschieben Vegetationsphasen, erhöhen den Wasserverbrauch in der Landwirtschaft und bringen das ökologische Gleichgewicht ins Wanken.
Noch beunruhigender: Frühlingstemperaturen fördern auch die Ausbreitung von Schädlingen und Krankheiten. Zecken, die früher erst im Mai aktiv wurden, beißen heute schon im März. Allergiker niesen früher – und länger. Alles beschleunigt sich.
Was tun, wenn das neue Normal kein gutes ist?
An dieser Stelle kommt oft die Frage: Was bringt uns diese Erkenntnis? Ist das alles nur Wetter – oder schon Klimakrise? Die Antwort ist kompliziert, aber nicht schwammig: Wetter ist kurzfristig. Klima ist das Muster. Und wenn sich das Muster ändert – wie es das gerade tut – dann reden wir von Klimawandel.
Wir brauchen also mehr als nur gute Prognosen. Wir brauchen Vorsorge, Anpassung und – ja, klar – ambitionierten Klimaschutz. Denn die Szenarien, die sich jetzt abzeichnen, lassen sich nicht mehr wegdiskutieren. Die Modelle sind besser geworden, die Datenlage dichter, die Unsicherheit kleiner.
Und was machen wir draus?
Stellen wir uns vor, wir würden das, was wir aus solchen März-Momenten lernen, auch wirklich ernst nehmen. Städte könnten ihre Grünflächen frühzeitig wässern, Landwirte gezielter säen, die Politik könnte das Wasser-Management überarbeiten. Und: Wir könnten den CO₂-Ausstoß konsequent senken, anstatt weiter auf Zeit zu spielen.
Klingt das nach einem Kraftakt? Ja. Aber auch nach einer Chance. Denn jede Erwärmung, die wir heute verhindern, reduziert zukünftige Risiken.
Ein persönlicher Gedanke zum Schluss
Ich erinnere mich noch gut an meine Kindheit in der Mitte Deutschlands. März war nass, grau, manchmal sogar verschneit. Das Frühlingsgefühl kam erst mit Ostern oder soger erst mit dem Monat Mai. Heute? Heute wirkt der März oft wie eine Starttaste für den Sommer. Und ganz ehrlich – das macht mir Sorgen.
Nicht, weil ich etwas gegen Sonne habe. Sondern weil ich weiß, was dahintersteckt. Ein Planet, der ins Ungleichgewicht gerät, zeigt das nicht mit einem Donnerschlag – sondern leise. Mit zu warmen Nächten, ausbleibendem Regen und blühenden Kirschbäumen im März.
Ein Wetterbericht ist mehr als nur Zahlen
Wir dürfen nicht den Fehler machen, Wetter nur als Smalltalk-Thema zu betrachten. Es erzählt Geschichten. Es sendet Warnsignale. Und es fordert uns heraus, endlich zuzuhören.
Denn die Frage ist nicht, ob der März 2025 ungewöhnlich war.
Sondern: Was sagt uns dieser März über die Welt, die wir morgen erleben werden?
Quellen:
- Météo-France Klimadaten März 2025
- MeteoSchweiz Monatsbericht März 2025
- Copernicus Climate Change Service (C3S)
Von Andreas M. Brucker
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