Stell dir vor, du planst ein Picknick zum 1. Mai, packst eine Jacke ein – und schwitzt dann bei 27 Grad im Schatten. Klingt wie ein schlechter Witz? Ist aber Realität. Frankreich steht in diesen Tagen ein ungewöhnlich warmer Wetterabschnitt bevor. Météo-France nennt es „ein frühsommerliches Intermezzo“ – und es beginnt genau jetzt.
Doch was bedeutet diese frühe Wärme? Und ist das einfach nur ein bisschen angenehmes Frühlingswetter oder steckt mehr dahinter?
Ein Mai, der sich anfühlt wie Juni
Zwischen Dienstag und Freitag dieser Woche steigen die Temperaturen in vielen Teilen Frankreichs auf über 25 Grad. Besonders die Nordhälfte des Landes bekommt ordentlich Sonne ab – in Reims sind am Mittwoch satte 27 Grad drin, Toulouse bleibt mit 23 Grad sogar etwas kühler. An den Küsten der Bretagne und der Normandie könnte das Thermometer bis zu 10 Grad über den saisonalen Durchschnitt klettern. T-Shirt-Wetter, oder?
Doch nicht überall bleibt es trocken. Im Osten des Landes können lokale Gewitter oder Regenschauer das Sommerfeeling kurz unterbrechen. Ein blauer Himmel dominiert aber über weite Strecken das Bild.
Ist das wirklich außergewöhnlich?
Météo-France bleibt gelassen: Ja, es wird warm – aber das gab’s schon. 2005 zum Beispiel, da kletterte das Thermometer Ende April sogar auf fast 30 Grad in Paris. Noch früher im Jahr, Anfang April 2024, erlebte Frankreich eine ähnlich warme Episode. Ein „früher Hitzeschub“ ist definiert als drei bis fünf Tage mit über 25 Grad im Norden – plus Temperaturen, die mindestens vier Grad über dem saisonalen Durchschnitt liegen.
Und genau das passiert jetzt.
Elefant im Raum: Der Klimawandel
Jetzt mal ehrlich – kommt dir das auch so vor, als ob solche Wetterphänomene immer häufiger auftreten? Liegt nicht an deiner Wahrnehmung. Seit Mitte März lag in Frankreich an 40 Tagen die Temperatur über dem langjährigen Mittelwert (1971 bis 2000). Nur ein einziger Tag war kühler. Kein Ausrutscher, sondern ein Trend.
Das Ganze ist eingebettet in einen globalen Kontext: Seit dem 19. Jahrhundert hat sich die durchschnittliche Erdtemperatur um über 1,1 Grad erhöht. Klingt nicht viel? Dieser Anstieg ist aber beispiellos in seiner Geschwindigkeit – und seine Folgen spüren wir überall. Mehr Hitzetage, häufigere Dürren, heftigere Unwetter. Kurz: Unser Klima kippt.
Die Ursache? Eindeutig menschlich. Kohle, Öl, Gas – unsere Gier nach fossilen Brennstoffen heizt den Planeten auf.
Ein bisschen Hoffnung gefällig?
Klar, man könnte jetzt den Kopf in den Sand stecken – hilft aber nicht. Die gute Nachricht: Lösungen gibt es. Erneuerbare Energien, weniger Fleisch essen, bewusster konsumieren – jeder Schritt zählt. Und ja, technologische Fortschritte liefern uns heute Daten, die so präzise sind wie nie zuvor. Sie helfen uns, den Klimawandel besser zu verstehen – und effektiver dagegenzuhalten.
Aber sind wir mal ehrlich: Es reicht nicht, wenn ein paar von uns auf E-Bikes umsteigen. Es braucht einen echten Wandel – politisch, wirtschaftlich, gesellschaftlich. Und hier wird’s spannend. Denn wer leidet am meisten unter der Klimakrise? Richtig, die Schwächsten. Menschen in ärmeren Regionen, die weniger Ressourcen haben, um sich vor Dürren oder Überflutungen zu schützen. Klimaschutz ist also auch immer eine Frage der Gerechtigkeit.
Der Sommer klopft an – schon wieder zu früh
Also, was machen wir jetzt mit diesem „Sommer im Frühling“? Natürlich: Das schöne Wetter genießen. Aber vielleicht auch einen Moment innehalten und überlegen, warum das alles so passiert. Willst du beim nächsten Mal wieder überrascht sein, wenn der April wie Juli anfühlt?
Die Frage ist doch: Wann nehmen wir das als Gesellschaft wirklich ernst?
Autor: Andreas M. Brucker
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