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In einer umfassenden Untersuchung haben die NGOs Bloom und Foodwatch ein alarmierendes Ergebnis präsentiert: Ausnahmslos alle getesteten Thunfischdosen in Europa enthalten Quecksilber – und das oft in Konzentrationen weit über den EU-Grenzwerten. Für manche Thunfischprodukte bedeutet das eine bis zu vierfach erhöhte Belastung, was ernste Gesundheitsrisiken birgt. Die Forderungen der beiden Organisationen sind klar: Dringende Maßnahmen müssen her.

Quecksilber – ein unsichtbarer Giftstoff

Quecksilber, besonders in seiner toxischen Form Methylquecksilber, gilt als eines der gefährlichsten Umweltgifte weltweit. Zu Recht wird es neben Asbest und Arsen von der Weltgesundheitsorganisation als hochgradig besorgniserregend eingestuft. Denn einmal aufgenommen, reichert sich Quecksilber im menschlichen Körper an, wo es vor allem das zentrale Nervensystem angreift. Besonders bedenklich: Bereits geringe Dosen, die regelmäßig verzehrt werden, können langfristig erhebliche Schäden verursachen. Kinder und Ungeborene sind hier besonders gefährdet, da das Gift die neuronale Entwicklung nachhaltig stört.

Die Untersuchungsergebnisse im Detail

Die Laboranalysen der NGO Bloom zeichnen ein besorgniserregendes Bild: 148 Thunfischdosen aus Frankreich, Deutschland, Großbritannien, Spanien und Italien wiesen allesamt Quecksilber auf – und das in einer Vielzahl über den EU-Grenzwerten. Dabei wurde der höchste Wert von 3,9 mg Quecksilber pro Kilogramm Thunfisch in einer Dose der Marke Petit Navire, einem französischen Unternehmen, festgestellt. Auch andere Marken schnitten schlecht ab, darunter Carrefour-Produkte in Spanien (bis zu 2,5 mg/kg) und die italienische Marke As do Mar (1,5 mg/kg).

Ein besonderes Ärgernis für die NGOs: Die Grenzwerte für Thunfisch liegen bereits deutlich höher als die für andere Fischarten. Während für viele Arten wie Kabeljau oder Seelachs maximal 0,3 mg/kg Quecksilber erlaubt sind, liegt der EU-Grenzwert für Thunfisch bei 1 mg/kg. Die NGOs sehen hierin eine unverhältnismäßige Sonderbehandlung, die Thunfisch als beliebten Speisefisch quasi bevorzugt – und damit den Schutz der Konsument:innen vernachlässigt.

Risiken für die Gesundheit – Wer ist besonders betroffen?

Warum sollten wir uns Sorgen machen? Regelmäßiger Konsum von quecksilberhaltigem Thunfisch kann zu ernsthaften gesundheitlichen Problemen führen. Besonders die neurotoxische Wirkung von Methylquecksilber ist problematisch: Es kann bei Kindern zu Entwicklungsstörungen und bei Erwachsenen zu Hirnschädigungen führen. Und genau hier wird es brisant – in Europa gehört Thunfisch zu den meistkonsumierten Fischen. Diese Tatsache macht den dringenden Handlungsbedarf deutlich, denn das Risiko trifft die breite Masse.

Die französische Gesundheitsbehörde ANSES hat kürzlich ihre Empfehlungen zu Fischkonsum bekräftigt und rät zu einem maßvollen Verzehr von maximal zwei Fischmahlzeiten pro Woche – und dabei möglichst keine „Raubfische“ wie Thunfisch zu konsumieren. Denn Raubfische, die am Ende der Nahrungskette stehen, sammeln besonders hohe Mengen an Quecksilber in ihrem Gewebe an.

Forderungen der NGOs: Von Grenzwerten bis zum Verkaufsstopp

Vor diesem Hintergrund fordern Bloom und Foodwatch radikale Schritte: Der Quecksilbergehalt im Thunfisch sollte auf maximal 0,3 mg/kg begrenzt werden – analog zu den Regelungen für andere Fischarten. Übersteigt ein Produkt diesen Wert, sollte es gar nicht mehr in den Handel gelangen dürfen. Besonders gefährdete Orte wie Krankenhäuser, Kindergärten und Schulen sollten zudem völlig auf Thunfisch verzichten.

Diese Forderungen beinhalten auch eine gezielte Information der Verbraucher:innen. Hierzu haben die beiden NGOs eine Petition gestartet, um die großen Einzelhändler in die Pflicht zu nehmen. Ihr Ziel: Einzelhändler sollen nicht nur strengere Kontrollen einführen, sondern auch aktiv über die Gesundheitsrisiken aufklären. Ein Boykott von Thunfischprodukten, zumindest vorerst, könnte so ebenfalls in den Fokus rücken.

Ist es Zeit für einen Thunfisch-Boykott?

Wenn Thunfisch, der auf europäischen Tischen landet, derart stark belastet ist – ist es dann nicht an der Zeit, den Konsum dieses Fisches zu überdenken? Schließlich gibt es viele Alternativen, die mit niedrigeren Quecksilberwerten punkten, etwa Lachs oder Hering. Bloom und Foodwatch machen deutlich: Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte die Finger von Thunfischprodukten lassen.

Die Ergebnisse der Untersuchung rufen auch ein globales Problem in Erinnerung: Der Quecksilbergehalt in den Weltmeeren steigt seit Jahrzehnten. Ein erheblicher Anteil des Quecksilbers, das sich in Fischen anreichert, stammt aus der industriellen Verschmutzung – vor allem durch Kohlekraftwerke, die Quecksilber in die Atmosphäre abgeben, das dann in den Ozeanen landet.

Was können Konsument:innen tun?

Für den Moment bleibt Konsument:innen nur, achtsam zu sein und sich zu informieren. Wer regelmäßig Thunfisch isst, sollte seinen Konsum einschränken und gegebenenfalls auf andere Fischarten ausweichen. Verbraucher:innen sollten zudem prüfen, ob ihre bevorzugten Thunfischmarken Transparenz in Bezug auf Quecksilbertests bieten. In Zeiten, in denen Umwelt- und Gesundheitsrisiken immer deutlicher zutage treten, haben auch Konsument:innen eine Stimme – und können durch ihren Einkauf ein Zeichen setzen.

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