In Busan, Südkorea, treffen sich ab dem 25. November Vertreter von 175 Ländern zu den entscheidenden Verhandlungen über einen globalen Vertrag zur Bekämpfung der Plastikverschmutzung. Während die „Koalition der hohen Ambitionen“ – zu der auch Frankreich gehört – klare und verbindliche Maßnahmen fordert, stehen mächtige Gegner wie erdölproduzierende Staaten einer Einigung im Weg.
Plastikverschmutzung: Eine globale Krise
Die Plastikproduktion hat sich in den letzten 20 Jahren verdoppelt und bedroht zunehmend Umwelt, Biodiversität und menschliche Gesundheit. Laut Wissenschaftlern wurde die „planetare Grenze“ für Plastikverschmutzung bereits 2022 überschritten. Ohne drastische Maßnahmen könnte die Produktion bis 2060 auf das Dreifache des heutigen Niveaus anwachsen, warnt die OECD. Doch wie kann ein globales Problem gelöst werden, wenn die Interessen der beteiligten Länder so unterschiedlich sind?
Zwei Lager in den Verhandlungen
Die Verhandlungen in Busan werden von zwei gegensätzlichen Positionen geprägt:
Auf der einen Seite steht die „Koalition der hohen Ambitionen“, ein Zusammenschluss von rund 75 Ländern, darunter Frankreich, Norwegen, Deutschland und Senegal. Diese Gruppe fordert eine Reduzierung der globalen Plastikproduktion, einen stärker regulierten Einsatz von problematischen Chemikalien sowie das Prinzip „Der Verursacher zahlt“. Ihr Ziel ist es, die Plastikverschmutzung bis 2040 vollständig zu beenden.
Auf der anderen Seite stehen Erdöl exportierende Länder wie Saudi-Arabien, Russland, Indien und Brasilien. Für sie ist Plastik eine Schlüsselindustrie, insbesondere da fossile Brennstoffe an Bedeutung verlieren. Mit Unterstützung großer Erdölkonzerne setzen sie auf vage Formulierungen und unverbindliche Ziele, um die Produktion weiter zu steigern.
Frankreichs Forderungen: Weniger Plastik, mehr Recycling
Die französische Delegation hat klare Prioritäten: Sie fordert eine verbindliche Reduktion der Plastikproduktion. Recycling allein wird nicht ausreichen, wie Umweltministerin Agnès Pannier-Runacher betonte: „Auch wenn wir im Recycling Weltmeister werden, werden wir das Problem der Plastikverschmutzung ohne eine Reduktion der Produktion nicht lösen.“
Tatsächlich werden derzeit nur 9 % des weltweit produzierten Plastiks recycelt. Selbst in Ländern wie Frankreich, die über eine relativ fortschrittliche Abfallwirtschaft verfügen, sind die Probleme erheblich. 2023 zahlte Frankreich 1,5 Milliarden Euro an die EU wegen unzureichender Plastikabfallbehandlung.
Lobbyismus und Blockaden
Die erdölexportierenden Länder und die Plastikindustrie argumentieren, dass die Lösung nicht in einer Produktionsbegrenzung, sondern in einer besseren Behandlung der Abfälle liegt. Dabei wird die tatsächliche Recyclingquote oft verschleiert. Viele Experten halten diese Position jedoch für unzureichend. „Ohne eine Produktionsreduktion werden wir die Umweltbelastung nicht in den Griff bekommen“, betont Fabienne Lagarde, Forscherin am CNRS.
Ein Text voller Kompromisse?
Das von den Vereinten Nationen vorgelegte Verhandlungsdokument sorgt für Enttäuschung. Es fehlt eine klare Verpflichtung zur Produktionsreduktion, stattdessen wird der Begriff „nachhaltige Produktion“ verwendet – eine Formulierung, die Paris als zu schwammig kritisiert. Die französische Delegation will in Busan um eine präzise Festlegung kämpfen, notfalls mit einer zusätzlichen Verhandlungsrunde.
„Vielleicht macht das Wort ‚Reduktion‘ einigen Angst“, räumt Fabienne Lagarde ein, betont aber, dass ein Umdenken dringend nötig sei. Ohne eine klare Kursänderung werde der Plastikverbrauch weiter steigen – mit verheerenden Folgen für Umwelt und Gesellschaft.
Ein ungewisser Ausgang
Ob die Verhandlungen in Busan zu einem starken und verbindlichen Vertrag führen, bleibt fraglich. Beobachter schließen nicht aus, dass es keine Einigung geben wird und eine weitere Verhandlungsrunde nötig ist. Für viele Länder ist die Zeit jedoch knapp. Wissenschaftler, Umweltschützer und ambitionierte Delegationen wie die Frankreichs drängen auf konkrete Maßnahmen, um die drohende Eskalation der Plastikverschmutzung zu verhindern.
Der Ausgang dieser Verhandlungen könnte einen Wendepunkt darstellen – oder eine vertane Chance, einen der drängendsten Umweltprobleme unserer Zeit anzugehen.
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