Tag & Nacht




In der Morgendämmerung des 8. Juni 2025 spielte sich mitten im Mittelmeer ein symbolträchtiges Drama ab. Die Madleen, ein unter britischer Flagge fahrendes Schiff mit Kurs auf den Gazastreifen, wurde von der israelischen Marine in internationalen Gewässern abgefangen. An Bord: zwölf Aktivistinnen und Aktivisten, darunter die weltbekannte schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg und die französisch-palästinensische Europaabgeordnete Rima Hassan.

Die Botschaft der Aktion war klar. Mit Hilfsgütern wie Babynahrung und dringend benötigten Medikamenten an Bord wollte die Freedom Flotilla Coalition nicht nur konkrete Hilfe leisten, sondern auch ein kraftvolles Zeichen gegen die andauernde Blockade Gazas setzen. Doch die israelischen Streitkräfte sahen in dem Vorstoß eine Provokation – und reagierten prompt.

https://twitter.com/GazaFFlotilla/status/1931872075653980567

Der Sturm auf die Madleen

Ohne großes Aufsehen, aber mit militärischer Präzision, übernahm die israelische Marine in der Nacht auf Montag die Kontrolle über das Schiff. Es war eine Operation, wie sie in ähnlicher Form schon mehrfach stattgefunden hat – doch der Name Thunberg verlieh diesem Vorfall globale Aufmerksamkeit. Die Aktivistinnen und Aktivisten wurden nach Israel gebracht. Die Regierung kündigte an, sie so bald wie möglich in ihre Herkunftsländer zurückzuführen.

Israel rechtfertigte das Vorgehen mit dem Schutz seiner Sicherheit. Die Blockade sei notwendig, um Waffenlieferungen an die Hamas zu unterbinden – so die offizielle Lesart. Für Kritiker ist das jedoch nur die halbe Wahrheit.

https://twitter.com/GazaFFlotilla/status/1931886800634818871

Entführung oder legitime Maßnahme?

Die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten. Die Freedom Flotilla Coalition sprach von einer „Entführung“ in internationalen Gewässern. In vorab aufgenommenen Videobotschaften betonten Greta Thunberg und ihre Mitstreiterinnen, dass ihr Einsatz rein humanitär sei. „Wir stehen für Menschenrechte und das Leben der Zivilbevölkerung“, sagte Thunberg mit ernster Miene – und brachte damit die Sorge vieler internationaler Beobachter auf den Punkt.

Wenn internationale Gewässer kein sicherer Ort mehr für humanitäre Missionen sind – wo dann?

Zwischen politischem Spielball und menschlichem Leid

Die Madleen ist nicht das erste Schiff dieser Art. Bereits im Mai war die Conscience, ein weiteres Schiff der Flottille, nahe Malta von Drohnen angegriffen worden. Hier gab es keine offiziellen Verantwortlichen – doch die Aktivistinnen und Aktivisten machten Israel verantwortlich.

Die Absicht dieser Missionen ist nicht neu: Aufmerksamkeit schaffen, politische Debatten anstoßen, die Blockade in Frage stellen. Doch jedes Mal, wenn ein Schiff nicht ankommt, stellt sich dieselbe bittere Frage: Was hat es gebracht?

Antwort: Mehr als man vielleicht denkt.

https://twitter.com/GazaFFlotilla/status/1931888550162903357

Symbolik versus Realität

Die Madleen erreichte den Gazastreifen nicht. Ihre Ladung wurde beschlagnahmt, die Crew festgenommen. Doch die Aktion brachte das Thema Gaza zurück auf die globale Agenda. Und das ist ein Erfolg – zumindest auf symbolischer Ebene.

Während manche Regierungen Israels Eingreifen verteidigen, fordern andere eine unabhängige Untersuchung des Vorfalls. Der Streit über die Legitimität der Blockade schwelt weiter – doch die Bilder von Greta Thunberg in Handschellen könnten der Debatte neuen Schwung geben.

Die Zivilbevölkerung zahlt den Preis

Was oft in der politischen Debatte untergeht: die Situation der Menschen in Gaza selbst. Die humanitäre Lage dort ist dramatisch. Kein Strom, zerstörte Infrastruktur, medizinischer Notstand, Hunger – und ein Gefühl der Hoffnungslosigkeit, das sich tief in die Gesellschaft gefressen hat. Für viele dort ist jede internationale Aufmerksamkeit ein kleiner Hoffnungsschimmer.

Mut, der aufrüttelt

Die Aktivistinnen und Aktivisten auf der Madleen wussten, worauf sie sich einließen. Ihre Mission war gewagt, ihre Botschaft laut. Und vielleicht liegt genau darin die Stärke solcher Aktionen – im Mut, Unbequemes sichtbar zu machen.

Denn irgendwann, so die Hoffnung vieler in Gaza, wird aus diesen symbolischen Schiffen mehr als nur eine Protestaktion. Irgendwann – wird eines von ihnen durchkommen.

Von Andreas M. Brucker

https://twitter.com/GazaFFlotilla/status/1931881540285612518
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