Der Abend des 2. Juli 2025 wird vielen Menschen im südfranzösischen Département Var in Erinnerung bleiben, als der Abend an dem der Sommer eine dramatische Wendung nahm.
Während die Region tagsüber noch unter sengender Hitze litt, peitschten ab dem frühen Abend plötzlich Sturmböen mit über 100 km/h über die Landschaft. Sie rissen Äste von den Bäumen, schleuderten Gartenmöbel durch die Luft und trieben pechschwarze Gewitterwolken vor sich her.
Dann kam der Hagel.
Es war, als hätte jemand Säcke voller Eisbrocken ausgeschüttet. In Flayosc, westlich von Draguignan, prasselten sie mit solcher Wucht vom Himmel, dass Terrassen binnen Minuten aussahen wie frisch beschneite Wintergärten. Menschen filmten ungläubig, wie ihre Autos, Dächer und Gärten binnen Augenblicken unter einer dichten weißen Schicht verschwanden.
Doch nicht nur der Hagel machte den Abend unvergesslich.
Blitze zuckten unablässig, schlugen in Felder, Bäume und Stromleitungen ein. Mehrere kleine Brände entstanden, die Feuerwehr rückte aus, um die Flammen inmitten des Gewitters zu bekämpfen. Der Temperatursturz tat sein Übriges: Stellenweise sanken die Werte um satte 15 Grad – eine plötzliche, fast surreale Abkühlung nach der drückenden Hitze des Tages.
Besonders hart traf es die Winzer.
Im Château Rasque in Taradeau beschädigte der Hagel 13 Hektar Rebfläche. Ein Schlag ins Kontor für die Besitzer, die ohnehin schon von Frostschäden im April geplagt waren. In manchen Gemeinden belaufen sich die Verluste auf bis zu 90 Prozent der erwarteten Traubenmenge. Ein Jahr Arbeit – zerschlagen in wenigen Minuten. Eine Winzerin sagte am Abend: „Es ist, als würde man zusehen, wie sein Lebenswerk unter einer Lawine verschwindet.“
Was bedeutet das für die Region?
Schon jetzt sprechen Experten von einer „Katastrophe für den Jahrgang 2025“. Einige Betriebe fürchten um ihre Existenz. Andere blicken mit Galgenhumor auf die Trümmer ihrer Arbeit und fragen sich: Wie sollen wir uns noch auf irgendetwas vorbereiten, wenn das Wetter immer unberechenbarer wird?
Tatsächlich zeigt dieses Unwetter erneut, wie verletzlich Südfrankreich gegenüber Extremwetterlagen ist. Die Wetterdienste hatten zwar eine gelbe Warnung für Gewitter und Starkregen sowie eine orange Warnung für Hitze herausgegeben – doch kaum jemand rechnete mit derart massiver Hagelbildung.
Wie schützt man sich bei solchen Stürmen?
Die Behörden senden regelmäßig dieselben Hinweise: Häuser nicht verlassen, sich von Bäumen und Flüssen fernhalten, keine Fahrten mit dem Auto antreten, locker stehende leichte Gegenstände sichern. Doch wer bei 40 Grad tagsüber noch in Shorts auf der Terrasse saß, dem erschieint es schwer vorstellbar, dass nur Stunden später meterdicke Hagelschichten Autoscheiben zerstören.
Immer mehr Landwirte fordern nun konkrete Unterstützung – nicht nur finanzielle Hilfen nach Unwettern, sondern auch Strategien, wie Anbau, Versicherung und Infrastruktur besser an die Zunahme solcher Phänomene angepasst werden können. Denn klar ist: Diese Stürme sind längst keine Ausnahmen mehr.
Wäre es nicht naiv, weiterzumachen wie bisher?
Ein alter Winzerspruch besagt: „Die Rebe liebt die Sonne, aber sie fürchtet den Himmel.“ Selten passte er so gut wie nach diesem Abend im Var.
Autor: Andreas M. Brucker
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