In einem überraschenden Schritt hat die Hamas-Führung am Samstag eine neue Waffenruhe-Initiative der Vermittler aus Ägypten und Katar akzeptiert. Die Hoffnung: ein Stopp der Gewalt im Gazastreifen und Bewegung in den festgefahrenen Verhandlungen. Doch wie realistisch ist eine Einigung?
Khalil al-Haya, ein hochrangiger Vertreter der islamistischen Terrororganisation, erklärte im Fernsehen, dass der Vorschlag der Vermittler „akzeptiert“ worden sei. Zwei Tage zuvor sei das Angebot eingegangen – nun liege der Ball bei Israel. Al-Haya betonte aber auch: Die Waffen der Hamas seien eine „rote Linie“. Eine Entwaffnung werde es nicht geben. Ein klares Signal, das die Spielräume für Verhandlungen weiter einengt.
Israel reagierte prompt – aber anders als viele es erwartet hatten.
Statt einer Zustimmung übermittelte das Büro von Premierminister Benjamin Netanjahu den Vermittlern eine Gegenofferte. In enger Absprache mit den USA habe man eine neue Linie formuliert. Details? Fehlanzeige. Man hält sich bedeckt. Vermutlich, weil innerhalb der israelischen Regierung erhebliche Meinungsverschiedenheiten herrschen. Sicherheitsbedenken, politische Zwänge, internationaler Druck – all das macht es kompliziert.
Die Lage bleibt also angespannt.
Der letzte Waffenstillstand, der ab dem 19. Januar für einige Wochen eine gewisse Ruhe brachte, war am 1. März von Israel beendet worden. Seither herrscht wieder Krieg. Am 18. März intensivierte Israel seine Bombardierungen in Gaza. Die fragile Feuerpause – zerschlagen.
Jetzt scheint sich allerdings wieder etwas zu bewegen. Ein Hoffnungsschimmer?
Bassem Naim vom politischen Büro der Hamas ließ am Freitag durchblicken, dass die diplomatischen Drähte wieder heiß laufen. Die Vermittler drängen auf eine neue Einigung. Dass sich beide Seiten wieder aufeinander zubewegen, sei zumindest ein Schritt in die richtige Richtung.
Gleichzeitig sorgt die Hamas weiter mit Bildern für Schlagzeilen – und für Druck.
Am Samstag wurde ein neues Video einer israelischen Geisel veröffentlicht. Darin appelliert Elkana Bohbot an seine Regierung, sich für seine Freilassung einzusetzen. Der Ort und das Aufnahmedatum bleiben unklar. Bohbot war beim Nova-Musikfestival am 7. Oktober 2023 entführt worden – ein Tag, der sich tief in das israelische kollektive Gedächtnis eingebrannt hat.
Es ist bereits das zweite Video dieser Art innerhalb weniger Tage. Der Hamas geht es dabei nicht nur um Information, sondern auch um psychologischen Druck – auf die israelische Öffentlichkeit, aber auch auf die Verhandlungspartner.
Die israelische Armee spricht aktuell von 58 wahrscheinlich noch lebenden Geiseln im Gazastreifen. 34 weitere gelten als tot. Insgesamt waren am 7. Oktober 251 Menschen entführt worden. In der ersten Phase des damaligen Waffenstillstands wurden 33 von ihnen freigelassen – im Austausch gegen rund 1.800 palästinensische Häftlinge.
Ein zynisches Menschenleben-Kalkül?
Ob die neue Initiative tatsächlich zu einer Feuerpause führt, bleibt unklar. Zu tief sitzen das Misstrauen und der Schmerz auf beiden Seiten. Zu viele offene Fragen stehen im Raum: Was genau beinhaltet die neue Hamas-Zusage? Wie weit geht Israels Gegenangebot? Welche Rolle spielen die USA diesmal?
Und vor allem: Wie lange hält eine mögliche neue Waffenruhe, wenn sie denn zustande kommt?
Die Vermittler stehen vor einer heiklen Aufgabe. Die Bevölkerung in Gaza leidet massiv unter den anhaltenden Kämpfen. Der Druck auf alle Beteiligten steigt. Die internationale Gemeinschaft schaut genau hin – doch mit jedem Tag schwinden Geduld und Hoffnung.
Ob eine tragfähige Lösung gefunden wird? Schwer zu sagen.
Fest steht nur: Die Zeit drängt.
Von C. Hatty
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