Ein Datum, das auf den ersten Blick unscheinbar wirkt, aber bei näherem Hinsehen gleich mehrere historische Fäden miteinander verknüpft – politische Umbrüche, kulturelle und technische Erleuchtungen.
Die Weltbühne: Entscheidungen mit Folgen
1803 – Der Louisiana-Kauf
Am 20. Oktober 1803 ratifizierte der US-Senat den Vertrag zum sogenannten Louisiana Purchase – dem größten Landkauf in der Geschichte der Vereinigten Staaten. Für knapp 15 Millionen Dollar ging ein riesiges französisches Territorium in amerikanische Hände über. Napoléon Bonaparte brauchte Geld für seine Kriege in Europa; die USA bekamen Platz, Ressourcen und Möglichkeiten.
Damit begann die Expansion nach Westen – die „Frontier“, die den amerikanischen Traum ebenso nährte wie seine Schattenseiten: Vertreibung indigener Völker, Zerstörung von Lebensräumen, Entstehung neuer Staaten. Ein klassisches Beispiel, wie ein politischer Vertrag Landschaften, Kulturen und Generationen prägt.
Und heute? Wer über Amerikas Selbstbild spricht, kommt um diesen Moment nicht herum. Er war der Startschuss für die Idee eines grenzenlosen Kontinents – eine Vorstellung, die sich tief in die nationale Psyche eingebrannt hat.
1935 – Das Ende des Langen Marsches in China
Fast genau 130 Jahre später erreicht eine völlig andere Bewegung ihr Ziel: Am 20. Oktober 1935 endet der Lange Marsch der chinesischen Kommunisten. Tausende Kilometer hatten sie hinter sich – Hunger, Kälte, Gefechte. Was als Flucht begann, wurde zum Gründungsmythos der Kommunistischen Partei.
Mao Zedong tritt als unangefochtener Führer hervor. Der Marsch wurde Legende, Symbol des Durchhaltens – und Ausgangspunkt einer Ideologie, die den Lauf des 20. Jahrhunderts entscheidend verändern sollte. Wer hätte damals geahnt, dass aus diesem zerlumpten Zug durch Berge und Sümpfe ein Weltreich erwachsen würde?
Heute, da China als globale Macht agiert, lässt sich dieser Tag als ferne Wurzel seiner politischen Identität begreifen.
1973 – Der „Saturday Night Massacre“ in den USA
Am 20. Oktober 1973 entlässt US-Präsident Richard Nixon den Sonderermittler im Watergate-Skandal. Der Justizminister und sein Stellvertreter treten aus Protest zurück. Ein politisches Beben. Das Vertrauen der Bürger in die Regierung sinkt auf einen historischen Tiefpunkt.
Diese Nacht gilt als Wendepunkt: Nicht nur für Nixon, der später zurücktreten musste, sondern für das Verständnis demokratischer Kontrolle in den Vereinigten Staaten.
Die Lektion ist zeitlos: Macht braucht Grenzen – und Öffentlichkeit ist ihr Korrektiv.
Frankreich am 20. Oktober – Licht, Poesie und Wandel
1854 – Geburt eines Genies: Arthur Rimbaud
In Charleville, tief im Norden Frankreichs, erblickt an diesem Tag ein Junge das Licht der Welt, der die französische Literatur auf den Kopf stellen wird: Arthur Rimbaud.
Schon als Teenager schreibt er Verse, die Grenzen sprengen. „Le Bateau Ivre“, „Une Saison en Enfer“ – Wörter, die nicht nur gelesen, sondern erlebt werden. Mit nur 21 Jahren hört er auf zu schreiben, zieht in ferne Länder, verschwindet aus der Szene – und wird doch unsterblich.
Sein Geburtstag ist bis heute ein kleiner Feiertag für alle, die glauben, dass Sprache Revolutionen auslösen kann. Und mal ehrlich: Welcher Jugendliche, der sich gegen die Welt auflehnt, hat sich nicht ein bisschen als Rimbaud gefühlt?
1843 – Paris erleuchtet sich selbst
Einige Jahre zuvor, ebenfalls am 20. Oktober, wird in Paris auf der Place de la Concorde zum ersten Mal elektrische Straßenbeleuchtung getestet. Ein Licht geht auf – buchstäblich.
Was wie eine technische Spielerei erscheint, verändert das urbane Leben: Sicherheit, Nachtkultur, Flanieren bis in die frühen Morgenstunden. Paris beginnt, seinem Beinamen „Stadt des Lichts“ gerecht zu werden. Diese kleine Innovation steht am Beginn einer urbanen Revolution – und sie zeigt, dass Fortschritt oft mit einem Knopfdruck beginnt.
Kleine Daten, große Wellen
Der 20. Oktober zieht sich wie ein roter Faden durch Jahrhunderte globaler Transformation. Von imperialen Verträgen über politische Aufstände bis zu kulturellen Neuanfängen – dieser Tag erzählt, dass Geschichte selten leise geschieht.
Vielleicht lohnt es sich, den Kalender einmal anders zu betrachten: Nicht als bloße Abfolge, sondern als Sammlung von Geschichten, die weiterwirken.
Denn wer weiß – vielleicht schreibt gerade heute jemand das nächste Kapitel, das in hundert Jahren unter „20. Oktober“ stehen wird.
Abonniere einfach den Newsletter unserer Chefredaktion!