Am 1. Mai 2025 verwandelte sich Paris in einen Glutofen. Mit gemessenen 29,4 °C im Park Montsouris stellte die Hauptstadt einen neuen Temperaturrekord für diesen Feiertag auf – seit Beginn der Wetteraufzeichnungen 1873 war es nie so heiß am Tag der Arbeit. Für viele war das Wetter ein Grund zur Freude: Sonne, Freizeit, blühende Parks. Doch hinter dem wolkenlosen Himmel verbirgt sich ein ernstes Warnsignal – eines, das weit über diesen Frühlingstag hinausreicht.
Hitzestress statt Frühlingsgefühle
Was nach einem Sommertag im Mai klingt, war für viele Pariserinnen und Pariser eine echte Belastung. Vor allem in den oberen Stockwerken der Stadt, wo sich die Hitze unter Zinkdächern staut, wurde das Wohnen zur Tortur. Stéphane Oliveira, Krankenpflegestudent im sechsten Stock, kennt das Problem nur zu gut: „Abends hat meine Wohnung dieselbe Temperatur wie mittags. Ich kann weder lernen noch schlafen. Es ist wie in einem Backofen – und das Anfang Mai!“
Sein Schicksal teilen viele. Denn Paris ist – wie so viele Altstädte – nicht für Temperaturen jenseits der 30 Grad gebaut. Die Gebäude sind oft schlecht isoliert, Klimaanlagen eine Seltenheit, und die dichte Bebauung lässt nur wenig Luft durch die Straßen zirkulieren.
Asphalt, Ziegel, Zink: Die Stadt als Wärmespeicher
Die Pariser Innenstadt verwandelt sich bei Hitze schnell in ein sogenanntes „Urban Heat Island“, eine städtische Wärmeinsel. Asphalt und Beton speichern die Sonnenwärme über Stunden, Dächer und Fassaden geben sie nur langsam wieder ab – und selbst nachts sinkt die Temperatur oft nicht unter die 20-Grad-Marke.
An heißen Tagen ist es in Paris bis zu 10 Grad wärmer als im Umland – ein gravierender Unterschied, der sich auf Gesundheit, Wohlbefinden und Lebensqualität auswirkt.
Parks werden zur Rettungsoase
Entsprechend strömten die Menschen am 1. Mai in Scharen in die Parks: Jardin du Luxembourg, Buttes-Chaumont, Bois de Boulogne – sie alle waren voll. Die Ufer der Seine boten ein wenig Kühlung, doch auch hier fehlte oft der Schatten. Es war ein Feiertag im Zeichen der Hitze – mit Sonnenbrille, Wasserflasche und Suche nach einem kühlen Plätzchen.
Dass solche „Fluchtpunkte“ immer wichtiger werden, zeigt der zunehmende Bedarf nach städtischem Grün. Parks sind längst mehr als nur Freizeitorte – sie sind Teil der Klimaanpassung.
Ein einmaliger Ausrutscher – oder ein Vorgeschmack?
Météo France kündigt für das Wochenende Abkühlung an. Die Temperaturen sollen sogar unter das saisonale Mittel sinken – eine Atempause. Doch die Entwicklung der letzten Jahre spricht eine klare Sprache: Hitzewellen beginnen früher, dauern länger und sind intensiver.
Der Klimawandel macht auch vor den gemäßigten Zonen nicht halt. Paris hat in den letzten Jahrzehnten durchschnittlich über ein Grad Celsius dazugewonnen – das klingt wenig, verändert aber spürbar das Stadtklima.
Was tun, wenn die Stadt zu heiß wird?
Die Stadtverwaltung arbeitet seit Jahren an Anpassungsstrategien: mehr Bäume, grüne Fassaden, reflektierende Straßenbeläge, kühlere Schulhöfe, Entsiegelung von Plätzen. Doch vieles geht langsam – oft zu langsam, wie Kritiker meinen.
Gleichzeitig steigt der Druck: Immer mehr Menschen leben in Städten, und immer mehr Hitzetage belasten vor allem Alte, Kranke und Menschen mit geringem Einkommen. Die Debatte über eine „klimafeste Stadt“ ist längst keine akademische mehr – sie betrifft das tägliche Leben.
Ein Feiertag als Weckruf?
So wurde dieser 1. Mai, der eigentlich im Zeichen des Protests und der Solidarität steht, zu einem Spiegel der Klimarealität. Ja, es war ein schöner Tag. Aber auch ein lauter Ruf danach, Städte wie Paris zukunftsfähig zu machen. Nicht irgendwann – sondern jetzt.
Catherine H.
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