Tag & Nacht




Mont-de-Marsan, ein Ort, der eher für ruhige Frühlingstage bekannt ist, schrieb am Freitag, den 30. Mai 2025, Wettergeschichte. Mit unglaublichen 37 Grad Celsius erlebte die südwestfranzösische Stadt in eine regelrechte Gluthitze – und das mitten im Mai. Ein Temperaturwert, der satte 14 Grad über dem saisonalen Durchschnitt liegt. Auch Städte wie Dax, Tartas, Sabres, Pissos und Parentis-en-Born glühten förmlich unter der Sonne.

Doch Mont-de-Marsan war nicht allein. Ganz Südwestfrankreich wurde von einer Hitzewelle überrollt, wie sie in diesem Monat so noch nie beobachtet wurde. Toulouse erreichte 34,5 Grad, Pau 34,6 Grad, Brive-la-Gaillarde 33,3 Grad und Royan 33,5 Grad. Sogar Paris knackte erstmals in diesem Jahr die 30-Grad-Marke – 30,5 Grad standen dort auf dem Thermometer.

Was steckt hinter diesen extremen Temperaturen?

Ein mächtiges Hochdruckgebiet, das heiße Luftmassen aus Afrika nach Europa schob, ist laut Météo-France der Hauptverursacher. Die Folge: Etwa 130 Monatsrekorde wurden an nur einem einzigen Nachmittag gebrochen. Und das nicht nur in den Tälern – auch in den Höhenlagen der Auvergne und der Alpen herrschte ungewöhnliche Hitze.

Solche Extremwerte waren früher Ausnahmen, inzwischen häufen sie sich.

Wer jetzt denkt, das sei ein einmaliger Ausrutscher des Wetters, täuscht sich. Diese frühsommerliche Gluthitze ist ein weiteres Glied in der Kette extremer Wetterphänomene, die mit dem Klimawandel zunehmen. Die Wissenschaft warnt seit Jahren – jetzt spüren es auch die Menschen vor Ort, und das immer öfter.

Die Gesundheitsbehörden reagierten prompt. Warnungen wurden ausgesprochen, besonders für ältere Menschen und Kinder. Viel trinken, körperliche Anstrengung vermeiden, in kühlen Räumen bleiben – die Tipps kennt man. Doch bei Temperaturen wie diesen werden sie plötzlich zur Überlebensstrategie.

Ein kleiner Hoffnungsschimmer: Am Wochenende ziehen laut Vorhersagen Gewitter auf. Sie könnten die aufgeheizte Atmosphäre etwas abkühlen und kurzfristig für Erleichterung sorgen. Doch ob ein einzelner Regenschauer ausreicht, um das Klima-Konto wieder ins Gleichgewicht zu bringen?

Die Frage drängt sich auf: Was passiert, wenn solche Temperaturen zum „neuen Normal“ werden?

Denn was sich derzeit in Frankreich abspielt, ist längst kein lokales Kuriosum mehr. Es ist ein globales Alarmsignal. Städte und Gemeinden stehen vor der Herausforderung, ihre Infrastruktur an die neuen klimatischen Bedingungen anzupassen. Schattenplätze, Hitzeschutzpläne, durchdachte Stadtplanung – all das wird bald nicht mehr optional sein.

Wer sich noch an Kindheitssommer mit gemäßigten Temperaturen erinnert, dürfte sich jetzt fragen, ob wir die Balance endgültig verloren haben.

Die Landwirte in der Region etwa schlagen Alarm – ihre Felder brauchen Wasser, die Böden vertrocknen, Tiere leiden unter Hitzestress. Die wirtschaftlichen Folgen dieser anhaltenden Wetterkapriolen sind kaum abzuschätzen. Und was ist mit dem Tourismus? Frankreichs liebstes Reiseziel verwandelt sich womöglich zur Hitzefalle.

Nicht zuletzt zeigt sich: Der Klimawandel ist kein fernes Zukunftsszenario, sondern längst da. Er brennt sich förmlich in unser aller Alltag ein. Ein Hitzetag im Mai ist plötzlich mehr als nur ein kurzes Aufatmen vor dem Sommer – es ist ein Fingerzeig, eine Mahnung.

Und trotzdem: Es bleibt noch Handlungsspielraum. Jede Entscheidung – ob politisch, gesellschaftlich oder individuell – zählt. Die Hitze hat den Takt vorgegeben. Jetzt liegt es an uns, darauf zu reagieren.

Von Andreas M. Brucker

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