Tag & Nacht




Die Sonne brennt erbarmungslos vom Himmel. Das Thermometer kratzt an der 35-Grad-Marke. In Nancy, Lyon, Marseille – in ganz Frankreich – suchen Menschen verzweifelt nach Abkühlung. Viele zieht es an die Flüsse und Kanäle, denn dort scheint das Wasser noch ein letztes Versprechen von Frische zu geben.

Doch was so verlockend wirkt, kann gefährlich enden.

Die unterschätzte Macht des Wassers

Wer an einem heißen Sommertag in einen kühlen Fluss springt, denkt selten an Strömungen. Oder an Strudel. Oder an kalte Wasserzonen, die den Kreislauf abrupt in die Knie zwingen.

Aber genau das geschieht – immer wieder.

Rettungskräfte berichten von Menschen, die plötzlich von der Strömung mitgerissen werden. Von Schwimmern, die nach wenigen Minuten vor Erschöpfung die Orientierung verlieren. Von Jugendlichen, die in der Nähe von Schleusen oder Wehren baden – Orte, an denen sich das Wasser tückisch verhält.

Die Ufer vieler Flüsse sind steil, rutschig, schwer zugänglich. Wenn etwas passiert, zählt jede Sekunde – doch Hilfe kommt dann oft zu spät.

Kalte Schockmomente – und was danach kommt

Ein weiteres Risiko: die Wassertemperatur. Während die Luft tropisch warm ist, bleibt das Flusswasser oft überraschend kühl. Wer mit erhitztem Körper hineinspringt, riskiert eine sogenannte „Hydrocution“ – eine Art Kälteschock, der Herz und Kreislauf aus dem Takt bringt. Nicht selten führt das zu Bewusstlosigkeit oder gar zum Ertrinken.

Ein kurzer Moment der Unachtsamkeit – und die Abkühlung endet im Albtraum.

Wenn das Wasser krank macht

Doch nicht nur physische Gefahren lauern unter der Oberfläche.

Auch die Wasserqualität gibt Anlass zur Sorge. In Flüssen und Kanälen, besonders nach Regenfällen, können sich Bakterien wie Escherichia coli vermehren – sie stammen meist aus Abwässern oder von Feldern. Eine versehentliche aufgenommener Schluck Wasser reicht aus, um Magen-Darm-Erkrankungen auszulösen.

Noch perfider: Leptospirose. Eine Infektion, übertragen durch den Urin infizierter Nagetiere. Wer sich in kontaminierten Gewässern aufhält, riskiert Fieber, Muskelschmerzen, Gelbsucht – im schlimmsten Fall sogar Organversagen.

Jährlich erkranken in Frankreich rund 100 Menschen daran. Viele davon nach einem harmlosen Badeausflug.

Warnung von ganz oben

Die Behörden schlagen Alarm. Voies Navigables de France (VNF) und die regionalen Gesundheitsämter (ARS) starten derzeit Informationskampagnen, hängen Warnschilder auf und kontrollieren Wasserproben. Die Botschaft ist klar: Baden in Flüssen und Kanälen – nur dort, wo es ausdrücklich erlaubt ist.

Und das sind nur wenige Orte.

Oft sind es spezielle Badezonen, meist mit Rettungsschwimmern vor Ort. Hier wird regelmäßig geprüft, wie sauber das Wasser ist. Hier weiß man: Im Notfall greift jemand ein.

Es gibt Alternativen

Natürlich will niemand den Sommer nur unter der Dusche verbringen. Aber Frankreich bietet zahlreiche sichere Badestellen – von Seen mit Liegewiesen über Freibäder bis hin zu natürlichen Wasserparks.

Die örtlichen Tourismusbüros geben gerne Auskunft. Ein Anruf genügt – und man weiß, wo Abkühlung nicht mit Lebensgefahr verbunden ist.

Die Frage bleibt

Ist der kurze Sprung ins kühle Nass den möglichen Preis wert?

Wer sich diese Frage ehrlich beantwortet, wird seine Entscheidung vielleicht noch einmal überdenken.

Und dann?

Dann bleibt noch genug Sommer übrig. Genug Sonnenstunden. Genug Wasser – aber eben mit Bedacht.

Denn wer sich schützt, kann die Hitze nicht nur überstehen, sondern wirklich genießen.

Autor: Daniel Ivers

Neues E-Book bei Nachrichten.fr







Du möchtest immer die neuesten Nachrichten aus Frankreich?
Abonniere einfach den Newsletter unserer Chefredaktion!