Tag & Nacht




Am 16. Mai 2025 geschah in Istanbul etwas, das vor wenigen Monaten kaum jemand für möglich gehalten hätte: Russland und die Ukraine einigten sich auf einen Austausch von jeweils 1.000 Kriegsgefangenen. Damit schreiben beide Länder das bislang größte humanitäre Kapitel seit Beginn des Krieges im Februar 2022.

Ein Funke Menschlichkeit in einem Konflikt, der sonst vor allem Zerstörung, Leid und politische Verhärtung produziert hat.

Erstes Friedensgespräch seit drei Jahren

Das Abkommen war Teil der ersten direkten Friedensgespräche seit über drei Jahren. Zwar endeten die Gespräche nach weniger als zwei Stunden ohne eine Einigung über einen Waffenstillstand – doch der Gefangenenaustausch allein ist ein bedeutsamer Fortschritt.

Ein Anfang, der Hoffnung schenkt.

Die ukrainische Delegation unter Verteidigungsminister Rustem Umerov trat mit klaren Forderungen auf: sofortiger, bedingungsloser Waffenstillstand. Russland hingegen stellte neue Bedingungen – unter anderem den vollständigen Rückzug ukrainischer Truppen aus den von Russland beanspruchten Gebieten. Für Kiew ein klares No-Go.

Internationale Reaktionen zwischen Applaus und Argwohn

Während viele Stimmen weltweit den Gefangenenaustausch als Geste der Menschlichkeit würdigten, gab es auch mahnende Worte. Der britische Premierminister Keir Starmer und US-Präsident Donald Trump bezeichneten Russlands Verhandlungsstrategie als „nicht konstruktiv“ und kündigten neue Sanktionen an, sollte Moskau keine echten Friedensbemühungen erkennen lassen.

Manche Politiker und Kommentatoren sprechen sogar von einem PR-Coup Putins – andere von einem möglichen Eisbrecher, der tatsächlich den Weg ebnen könnte für weitere Dialoge.

Für die Betroffenen zählt etwas ganz anderes

Während sich die Diplomatie mit geopolitischer Taktik beschäftigt, stehen für die Familien der Heimkehrer ganz andere Dinge im Vordergrund. Nach Monaten, teils Jahren in Gefangenschaft, kehren ihre Söhne, Töchter, Väter, Brüder zurück – gezeichnet, erschöpft, aber lebendig.

In sozialen Netzwerken kursieren emotionale Videos von Wiedersehen an den Grenzen – ein Vater fällt seinem Sohn in die Arme, eine junge Frau bricht schluchzend zusammen, als sie ihren Bruder erkennt. Es sind diese Bilder, die zeigen, was dieser Austausch wirklich bedeutet: Menschlichkeit inmitten der Unmenschlichkeit des Krieges.

Ist das der Beginn vom Ende?

Diese Frage schwebt wie ein Damoklesschwert über dem diplomatischen Parkett. Der Gefangenenaustausch zeigt, dass zumindest minimale Kooperation möglich ist. Doch solange keine tragfähige Waffenruhe vereinbart wird und beide Seiten in ihren politischen Maximalforderungen verharren, bleibt der Weg zum Frieden lang und steinig.

Die Welt schaut hin – und hofft.

Mögen weitere Taten folgen. Und bald.

Daniel Ivers

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