Tag & Nacht




Die ohnehin angespannte Lage im Nahen Osten hat sich erneut verschärft. Am Samstagmorgen schlugen aus dem Libanon abgefeuerte Raketen in Nordisrael ein – Israel reagierte umgehend mit massiven Luftangriffen. Dabei wurden mindestens zwei Menschen getötet, darunter ein Kind, und acht weitere verletzt. Es war die schwerste Auseinandersetzung seit dem Waffenstillstand mit der Hisbollah.

Obwohl sich die Hisbollah von dem Angriff auf Israel distanzierte und ihn als „primitiv“ bezeichnete, gab Israels Regierung grünes Licht für eine militärische Antwort. Die Streitkräfte bombardierten daraufhin Dutzende Ziele im Süden Libanons. Ins Visier genommen wurden insbesondere Raketenstellungen und ein mutmaßliches Kommandozentrum der schiitischen Miliz.

Zugleich verschärfen sich auch die Kämpfe im Gazastreifen. Israels Militär setzt seine Offensive mit voller Wucht fort. Allein in der Nacht zu Samstag starben bei einem Luftangriff in Gaza-Stadt mindestens neun Menschen, darunter drei Kinder. Auch die einzige auf Krebs spezialisierte Klinik im Gazastreifen – ein Krankenhaus, das mit türkischer Hilfe gebaut wurde – wurde zerstört. Israel wirft der Hamas vor, dort militärische Infrastruktur betrieben zu haben.

Die Armee hat angekündigt, ihre Angriffe noch zu intensivieren – solange, bis die restlichen Geiseln freikommen. 59 Geiseln sollen sich noch in den Händen der Hamas befinden, nur 24 davon vermutlich noch am Leben. Das Ziel: militärischer Druck, um bei den stockenden Verhandlungen über eine neue Feuerpause Bewegung zu erzeugen.

Parallel zum Feuersturm in Gaza wächst die Sorge vor einem Flächenbrand im Norden. Die Waffenruhe mit der Hisbollah – im November geschlossen – steht auf der Kippe. Ursprünglich war vorgesehen, dass sich israelische Truppen bis spätestens Ende Januar vollständig vom libanesischen Staatsgebiet zurückziehen. Der Termin wurde auf den 18. Februar verschoben, aber auch seither sind israelische Soldaten in mehreren Positionen im Südlibanon verblieben.

Die libanesische Regierung hat bei den Vereinten Nationen Beschwerde eingelegt und fordert Israels vollständigen Rückzug. Gleichzeitig betont Ministerpräsident Nawaf Salam, dass sein Land keinen Krieg wolle. Er beauftragte das Militär, die Lage im Süden zu stabilisieren. Doch wie lange lässt sich die Eskalation noch aufhalten?

Die UNO zeigt sich beunruhigt über die zunehmende Gewalt. Die UNIFIL, die Friedenstruppe im Libanon, warnt vor einer unkontrollierbaren Eskalation mit unabsehbaren Folgen für die ganze Region. Denn klar ist: Wenn der fragile Waffenstillstand mit der Hisbollah endgültig zerbricht, droht ein Mehrfrontenkrieg.

In Gaza hingegen ist die Lage längst katastrophal. Mehr als 49.000 Palästinenserinnen und Palästinenser sind nach Angaben des Gesundheitsministeriums dort bereits ums Leben gekommen – über die Hälfte davon Frauen und Kinder. Die medizinische Versorgung ist nahezu vollständig zusammengebrochen, Lebensmittel und Treibstoff fehlen, Hilfslieferungen kommen kaum noch an. Die Menschen in Gaza kämpfen ums nackte Überleben.

Israel gibt an, rund 20.000 Hamas-Kämpfer getötet zu haben. Belege für diese Zahl fehlen bislang. Gleichzeitig wirft die internationale Gemeinschaft Israel vor, bei seinen Angriffen unverhältnismäßig vorzugehen. Besonders Großbritannien, Frankreich und Deutschland verurteilten die jüngsten Luftschläge scharf und forderten eine sofortige Rückkehr zur Waffenruhe.

In Israel selbst regt sich ebenfalls Widerstand. Tausende Menschen protestierten in Tel Aviv gegen die Regierungspolitik und für die Rückkehr der Geiseln. Viele Angehörige werfen Premierminister Netanjahu vor, die humanitäre Krise zu ignorieren und politische Interessen über das Leben der Entführten zu stellen.

Die politische Führung Israels hingegen gibt sich unnachgiebig. Aus dem Büro des Premierministers hieß es, man werde „jede Bedrohung für die israelische Bevölkerung und Souveränität mit aller Härte“ bekämpfen. Die Armee erhielt den Befehl, dutzende neue Ziele im Libanon anzugreifen.

Und so dreht sich die Gewaltspirale weiter – Tag für Tag, Schlag um Schlag. Die Fronten sind verhärtet, die Verluste auf beiden Seiten verheerend. Doch je länger der Konflikt andauert, desto schwerer wird es, eine Rückkehr zu Diplomatie und Deeskalation zu finden.

Wie viele Menschenleben müssen noch verloren gehen, bevor die Waffen endlich ruhen?

Von C. Hatty

Neues E-Book bei Nachrichten.fr







Du möchtest immer die neuesten Nachrichten aus Frankreich?
Abonniere einfach den Newsletter unserer Chefredaktion!