Das letzte Quartal des Jahres 2024 – oft die Zeit der Rückblicke und Resümees. Doch nicht diesmal. Dieser Herbst brachte uns keine Pause, sondern Entscheidungen, die Europa und die Welt langfristig prägen werden. Es war ein Finale, das so intensiv war wie das gesamte Jahr zuvor – und eines, das noch lange nachhallen wird.
Deutschland: Wahlen, Wandel und eine zerrissene Gesellschaft
In Deutschland beherrschten die Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg die Schlagzeilen. Das Ergebnis? Ein politisches Erdbeben. Die AfD ging in allen drei Ländern als stärkste Kraft hervor, während die klassischen Volksparteien SPD und CDU weiter an Boden verloren. Das Bündnis Sahra Wagenknecht überraschte mit zweistelligen Ergebnissen, besonders in städtischen Regionen.
Doch was folgte, war das eigentliche Drama: die Regierungsbildung. In Sachsen kam es zur ersten Koalition zwischen CDU und AfD – ein Tabubruch, der deutschlandweit Diskussionen auslöste. „Ist das der Anfang vom Ende der politischen Mitte?“ titelte eine große Wochenzeitung.
Parallel dazu versuchte die Bundesregierung, Ruhe zu bewahren. Kanzler Olaf Scholz kündigte an, die umstrittene Reform des Bürgergeldes erneut zu überarbeiten, um die gesellschaftlichen Spannungen zu entschärfen. Doch die Realität bleibt: Deutschland ist gespalten wie selten zuvor. Und dann zerbrach auch noch die Regierungskoalition…
Frankreich: Politik in der Schwebe, aber Hoffnung am Horizont
Auch in Frankreich brachte der Herbst wenig Ruhe. Premierminister François Bayrou trat nach monatelanger Kritik zurück – sein Nachfolger: eine relativ unbekannte Technokratin namens Elise Marchand. Macron hofft offenbar, mit frischen Gesichtern das Vertrauen der Franzosen zurückzugewinnen. Doch die Proteste reißen nicht ab.
Interessanterweise regt sich gleichzeitig eine neue Form der politischen Bewegung: In Paris und anderen Großstädten formieren sich Bürgerinitiativen, die für mehr soziale Gerechtigkeit und Klimaschutz eintreten. Man spürt, dass die Franzosen ihre Probleme nicht nur der Regierung überlassen wollen. Ein Lichtblick in einem Land, das nach Orientierung sucht.
Europa: Neue Machtverhältnisse und alte Konflikte
Der Herbst brachte auch in Europa entscheidende Weichenstellungen. Das neu gewählte EU-Parlament nahm seine Arbeit auf – und es zeigte sich schnell, dass es eine unruhige Legislaturperiode werden würde. Die gestärkten rechten und konservativen Fraktionen setzen verstärkt auf nationale Interessen, während liberale und grüne Kräfte versuchen, den europäischen Zusammenhalt zu bewahren.
Besonders auffällig war die neue Rolle Frankreichs und Italiens. Während Deutschland politisch mit sich selbst beschäftigt war, traten Paris und Rom in den Vordergrund. Macron nutzte den EU-Gipfel im Oktober, um eine gemeinsame Verteidigungsstrategie voranzutreiben – ein Schritt, der sowohl Zustimmung als auch Skepsis auslöste.
Polen sorgte erneut für Spannungen, nachdem die Regierung angekündigt hatte, EU-Rechtsnormen in bestimmten Bereichen zu ignorieren. Die EU-Kommission drohte daraufhin mit finanziellen Sanktionen, was den Konflikt weiter eskalierte.
Weltweit: Ein Mix aus Hoffnung und Krisen
Global blieb der Herbst 2024 eine Mischung aus Fortschritten und Rückschlägen. In der Ukraine ging der Krieg in eine neue Phase. Eine großangelegte Gegenoffensive der ukrainischen Armee zeigte erste Erfolge, doch der Konflikt bleibt eine Belastungsprobe für Europa und die NATO.
In den USA bereiteten sich die Parteien auf die Präsidentschaftswahlen 2024 vor. Die Polarisierung des Landes erreichte neue Höhen, während Umfragen ein knappes Rennen zwischen dem amtierenden Präsidenten und seinem Herausforderer vorhersagten.
Und dann war da noch der Klimagipfel in Nairobi, der trotz aller Differenzen einen wichtigen Erfolg erzielte: ein globales Abkommen zur Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen in den ärmsten Ländern. Es war ein Hoffnungsschimmer in einer ansonsten düsteren Bilanz des Jahres.
Was bleibt von 2024?
Dieser Herbst war der Abschluss eines Jahres, das uns vieles abverlangte – politisch, gesellschaftlich und emotional. Es war ein Jahr der Brüche und neuen Wege, der Krisen und der Chancen.
Vielleicht ist das die wichtigste Lehre aus 2024: Die Welt dreht sich weiter, egal wie chaotisch sie erscheint. Und es liegt an uns, ob wir sie besser machen – oder einfach nur zusehen.
2025, du hast große Fußstapfen zu füllen.
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