Tag & Nacht


Er hat dem Reggae eine Stimme gegeben – und was für eine.
Goldklar, unnachahmlich, voll Seele. Jimmy Cliff ist tot. Der jamaikanische Sänger starb am 24. November 2025 im Alter von 81 Jahren.

Doch seine Musik – sie lebt.

Der Mann, der den Reggae um die Welt schickte

Jimmy Cliff war nicht einfach nur ein Musiker.
Er war ein Wegbereiter, ein Brückenbauer, ein Botschafter seines Landes.

Als erster Reggae-Künstler unterschrieb er einen Vertrag beim internationalen Label Island Records – Jahre bevor Bob Marley mit denselben Produzenten zur Ikone wurde. Seine Songs klangen anders, offener, oft poppiger, manchmal sogar funkig.

Er wollte nicht nur Jamaika besingen, er wollte die Welt erreichen.

Und das tat er.

„Many Rivers to Cross“ (1969)

Ein Song wie ein Stoßseufzer.
Langsam, traurig, hymnisch.

In England fühlte sich der junge Jimmy Cliff fremd und verloren – und schrieb dieses Lied. Es wurde zum Welthit, zur Klage über Entwurzelung und Hoffnungslosigkeit. Fast jeder hat es schon einmal gehört – sei es von Cher, UB40, Joe Cocker oder Annie Lennox. Doch niemand singt es wie er: brennend ehrlich, fast schmerzhaft schön.

„Reggae Night“ (1983)

Es gibt Lieder, bei denen man sofort tanzen will.
„Reggae Night“ ist eines davon.

Ein globaler Hit – ausgerechnet von einem Mann, der eigentlich für tiefgründige Texte bekannt war. Der Song war leichtfüßig, eingängig, fast zu poppig für manche Reggae-Puristen. Aber Millionen liebten ihn. Und wer ihm heute lauscht, hört mehr als nur gute Laune – man hört das Lebensgefühl einer Generation.

„We All Are One“ (1983)

„Kinder sehen keine Hautfarbe – sie spielen einfach miteinander.“
So ließe sich die Botschaft dieses Songs zusammenfassen.

Cliff schrieb ihn als Gegenmittel gegen Rassismus, als musikalische Utopie. Er glaubt an das Verbindende, nicht an das Trennende. Und diese Vision klingt auch heute noch erstaunlich modern – vielleicht sogar notwendiger denn je.

„The Harder They Come“ (1972)

Ohne diesen Song – kein Kultfilm.
Ohne den Film – kein weltweiter Reggae-Boom.

Jimmy Cliff übernahm nicht nur die Hauptrolle im gleichnamigen Film, sondern schrieb auch den Titelsong. Ein Stück, das von Aufbegehren erzählt, vom Kampf gegen Unterdrückung, vom ungebrochenen Willen des Individuums.

Wer genau hinhört, spürt: Hier singt keiner für Ruhm. Hier singt jemand für sein Leben.

„You Can Get It If You Really Want“ (1970)

Ein Aufruf zur Beharrlichkeit, eine musikalische Umarmung.
„Du kannst es schaffen – wenn du nur fest genug willst.“

So einfach, so direkt, so wirkungsvoll. Dieser Song war die erste Nummer im Film „The Harder They Come“. Ironischerweise wurde die Coverversion von Desmond Dekker noch populärer als Cliffs Original – doch der Inhalt, die Energie, das Gefühl bleiben seins.

Ein französisch-jamaikanisches Duett: „Melody, Tempo, Harmony“ (1994)

Auch das gehört zu Jimmy Cliff:
Er konnte sich verbinden. Stilistisch, sprachlich, kulturell.

Als Bernard Lavilliers ihn nach Kingston einlud, sagte Cliff sofort zu. Gemeinsam nahmen sie diesen Song auf – ein Reggae mit frankophoner Note, aufgenommen in den legendären Tuff Gong Studios von Bob Marley. Es ist nicht sein bekanntester Track. Aber einer der persönlichsten.

Die Stimme, die nie verstummt

Jimmy Cliff war nie der Lauteste, nie der Umstrittenste, nie der Showman.
Aber er war echt.

Seine Lieder handeln von Freiheit, Hoffnung, Schmerz, Gemeinschaft – und immer auch vom Glauben an eine bessere Welt.
Während Bob Marley zur Ikone wurde, blieb Cliff der stille Kämpfer – nicht weniger wichtig, nicht weniger groß.

Und vielleicht fragt man sich heute beim Hören:
Warum trifft uns diese Stimme noch immer mitten ins Herz?

Weil sie uns nicht vergessen lässt, was es heißt, Mensch zu sein.

Von C. Hatty

Neues E-Book bei Nachrichten.fr







Du möchtest immer die neuesten Nachrichten aus Frankreich?
Abonniere einfach den Newsletter unserer Chefredaktion!