Dieses Gefühl kennt jeder: Ein Moment, in dem die Brust warm wird, Gänsehaut über den Körper läuft, die Augen feucht werden oder ein angenehmes Kribbeln im Nacken auftritt. Es ist die Art von Emotion, die uns überkommt, wenn wir einem kleinen, verlassenen Kätzchen begegnen, das in einem Karton auf der Straße hockt – und wir instinktiv helfen wollen, es vor Gefahr zu bewahren. Genauso kann sie auftauchen, wenn wir einen alten Freund nach Jahren wiedersehen oder wenn die Nachbarin uns eine heiße Suppe bringt, weil wir krank im Bett liegen.
Die Rede ist von „Kama Muta“, einer universellen Emotion, die Wissenschaftler seit über einem Jahrzehnt untersuchen. Der Begriff stammt aus dem Sanskrit und bedeutet so viel wie „von Liebe ergriffen“. Er beschreibt jene Momente, in denen wir uns zutiefst mit anderen verbunden fühlen – eine Art emotionaler Kitt, der Menschen miteinander verknüpft und sie dazu bringt, füreinander zu sorgen.
Die Kraft, die uns verbindet
Warum fühlen wir uns durch solche Augenblicke der Rührung oft motiviert, etwas Gutes zu tun? Forscher vermuten, dass sich Kama Muta evolutionär entwickelt hat, um menschliche Bindungen zu fördern. Denn eine Gruppe, die zusammenhält, überlebt besser – sei es, um Ressourcen zu teilen oder sich gegenseitig vor Gefahren zu schützen.
Kama Muta tritt auf, wenn etwas unser Empfinden für Nähe und Zugehörigkeit verstärkt. Das kann ein unerwarteter Moment der Großzügigkeit sein, eine rührende Szene in einem Film oder die herzliche Geste eines Fremden. Es ist, als ob das Herz für einen Moment innehält – und uns daran erinnert, wie wertvoll Verbundenheit ist.
Doch was genau passiert dabei im Körper? Studien zeigen, dass Kama Muta oft von physiologischen Veränderungen begleitet wird: Der Herzschlag verlangsamt sich, Stresshormone sinken, und das Wohlbefinden steigt. Man fühlt sich innerlich ruhig, geborgen und… ja, ein bisschen glücklicher.
Mehr als nur Sentimentalität
Man könnte meinen, dass Kama Muta eine rein persönliche Erfahrung ist – aber weit gefehlt. Seine Wirkung reicht weit über den individuellen Bereich hinaus. In der Politik etwa wird diese Emotion gezielt eingesetzt, um Gräben zu überwinden und Gemeinsamkeiten hervorzuheben.
Ein Beispiel: Während der US-Präsidentschaftswahlen 2016 zeigten Untersuchungen, dass bestimmte Wahlkampagnen gezielt Kama Muta auslösten, um Spannungen zwischen politischen Lagern zu reduzieren. Die Botschaften, die auf Verbindung und Empathie setzten, trugen dazu bei, das Bild der jeweils anderen Seite zu verbessern – und zumindest für kurze Zeit die Kluft zwischen Demokraten und Republikanern zu überbrücken.
Diese Kraft könnten sich auch europäische Politiker zunutze machen, insbesondere in Zeiten von Spaltung und Unsicherheit. Was wäre, wenn wir mehr Geschichten hören würden, die uns verbinden, anstatt uns auseinanderzutreiben?
Ein Rezept für die Seele
Neben der gesellschaftlichen Dimension hat Kama Muta auch ganz persönliche Vorteile. Es tut uns schlichtweg gut. Nach einem solchen Moment der Wärme fühlen wir uns oft entspannter, weniger traurig und manchmal sogar körperlich erfrischt. Forscher glauben, dass die regelmäßige Erfahrung von Kama Muta langfristig zur psychischen Gesundheit beitragen kann – eine Art „Vitamin fürs Herz“.
Doch wie können wir mehr solcher Momente in unser Leben bringen? Die Antwort ist einfach und komplex zugleich: Es braucht Offenheit. Offenheit für die kleinen Wunder des Alltags, für die Geschichten anderer Menschen, für Mitgefühl.
Ein Beispiel: Wer sich in sozialen Medien eher auf inspirierende Inhalte konzentriert, statt sich von Negativität anstecken zu lassen, schafft sich mehr Gelegenheiten für Kama Muta. Auch das bewusste Erleben von Kunst, Musik oder Natur kann helfen – Dinge, die uns berühren und zum Nachdenken bringen.
Ein Gefühl, das verbindet
Wenn man darüber nachdenkt, ist es fast schon magisch: Ein einzelner Moment der Rührung kann Brücken bauen – zwischen Menschen, Gruppen und manchmal sogar Gesellschaften. Vielleicht ist Kama Muta genau das, was wir in einer Welt brauchen, die oft von Trennung geprägt ist.
Ist es nicht ein schönes Ziel, diese Wärme im Herzen öfter zu suchen und zu teilen? Denn am Ende zeigt uns Kama Muta eines: Wir sind nicht allein. Und genau das macht das Leben ein Stück schöner.
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