David Lecordier und seine Frau, Landwirte aus Montmartin-sur-Mer im französischen Département Manche, sind gezwungen, ihre Heimat zu verlassen. Seit mehr als zwei Jahrzehnten beobachten sie, wie das Meer sich unaufhaltsam ihren Feldern nähert, und müssen sich nun der Tatsache stellen: Die Fluten lassen kein Zurück mehr. Sie werden die ersten Klimaflüchtlinge der Region sein.
Die Geschichte der Lecordiers ist erschütternd und steht beispielhaft für viele andere Gebiete, die dem Klimawandel und der Küstenerosion ausgesetzt sind. David erinnert sich noch genau an den Tag, an dem 1999 die erste sichtbare Bruchstelle an einer großen Düne entstand. „Das war der Anfang“, sagt er und zeigt auf die Stelle, wo sich einst eine schützende Düne erhob. „In den fünf, sechs Jahren danach war die Düne einfach weg.“ Was für Generationen als stabiles Küstenland galt, ist nun verschwunden – wortwörtlich untergegangen.
In den letzten 20 Jahren hat das Meer bereits mehr als einen Hektar seines fruchtbaren Bodens verschlungen. Die Landwirtschaft, das Herzstück seiner Existenz, ist zunehmend von Überschwemmungen betroffen. Regenfälle, die früher vielleicht das Land bereichert hätten, bringen heute regelmäßig Wasserfluten mit sich, die sich bis in seine Scheunen ergießen. „Man hat schon früher gesagt, dass das Meer sich irgendwann das Land zurückholen würde. Aber dass es so schnell gehen könnte, das hat niemand geglaubt“, sagt David nachdenklich. „Wir waren nie wirklich darauf vorbereitet.“
Angesichts dieser Realität blieb David und seiner Frau schließlich keine andere Wahl, als ihre Heimat aufzugeben. Der französische Küstenschutz – der Conservatoire du Littoral – hat sich bereit erklärt, die Farm zu kaufen und das Paar für den Verlust zu entschädigen. Eine bittere Pille: Zwar erhalten sie finanzielle Unterstützung, doch den emotionalen Verlust kann das nicht aufwiegen. Die Felder, die sie bestellt, das Land, das sie über Jahrzehnte gepflegt haben – all das ist nicht mehr ihre Heimat.
Für David ist es ein Abschied voller Wehmut. „Diese Böden haben meine Familie ernährt und waren immer ein Teil von uns. Die Erde hier ist nicht nur Boden, sie ist unser Leben gewesen. Und jetzt? Wir müssen alles hinter uns lassen.“
Diese persönliche Tragödie ist dabei kein Einzelfall, sondern ein Bild für ein wachsendes Problem an Küsten weltweit. Während sich das Meer unaufhörlich Land einverleibt, stehen immer mehr Menschen vor der Frage: Bleiben oder gehen?
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